Symbolbild StatistikEine von der Verwaltung vorgelegte Auswertung statistischer Erhebungen in der Kinder-, Jugend- und Familienarbeit war Gegenstand der Beratung des Jugendhilfeausschusses am 02.07.2020. Mitglieder des Jugendhifleausschusses beantragen Sondersitzung zur Haushaltsplanung 2021 / 2022.

 

 

 

Das Auswertungspapier zog nach seiner Veröffentlichung zahlreiche Kritiken auf sich, die im Zuge der Präsentation durch Jugendhilfeplaner, Dr. Peter Kühn, auch nicht ausgeräumt werden konnten. Dieser machte auf die Schwierigkeiten aufmerksam, die sich einerseits aus dem genutzten Statistiktool selbst, aber auch aus der Erhebungspraxis in den Einrichtungen ergeben. Kühn betonte, dass es sich bei der Auswertung lediglich um eine Zusammenfassung handele, nicht aber um ein „Controllinginstrument“. Das Dokument biete nicht die Substanz für eine qualitative Beurteilung der erbrachten Leistungen. Die Schulsozialarbeit ist deshalb nicht im Dokument erhalten, weil das in Auftrag gegebene Erfassungstool durch einen externen Dienstleister nicht geliefert wurde und somit kein geeignetes Werkzeug zur Verfügung stand.
In der Diskussion hinterfragten mehrere Mitglieder die Aussagekraft der erfassten Daten und der aufgestellten Thesen. Es bedürfe einer grundlegenden Positionierung zu Ziel und Inhalt statistischer Erhebungen in den relevanten Leistungsfeldern. Carsten Schöne merkte an, dass in den Thesen mehr Fragen als Antworten formuliert sind. Dies mache den Bedarf an einer Weiterentwicklung der Statistik erforderlich, damit sie auch sinnvoll in die Planungsprozesse eingebunden werden kann. Manche Thesen seien irritierend und die Daten beliebig interpretierbar, so beispielsweise die Kritik an der Teilzeitbeschäftigung in der offenen Kinder- und Jugendarbeit, die die Attraktivität des Arbeitsfeldes einschränke. Zu dieser These erfolgt keine fachliche Einordnung. Wie Schöne ausführte, ist der Anteil der Teilzeitbeschäftigung einer deutlich veränderten Arbeitsmarktsituation geschuldet, die nur noch wenige an Vollzeitbeschäftigung interessierte Fachkräfte bereithält und außerdem die teilweise geringe Personalausstattung die Umsetzung fachlicher Standards, wie paritätische besetzte Teams, nur durch eine Teilung von Personalstellen zu erreichen ist. Auch für die im Auswertungspapier enthaltene Kritik am hohen Anteil von über 26jährigen Personen unter den Besuchenden von Aktivspielplätzen (z. T. mit Tierhaltung), reklamierte Schöne eine fehlende Einordnung. Offenbar fand in der Vergangenheit die Akzeptanz der die Kinder begleitenden Eltern als mittelbare Zielgruppe dieser Einrichtungen keine Berücksichtigung in den planerischen Prozessen. Das Papier sei nicht geeignet, planerische Konsequenzen aus dem Zahlenwerk zu ziehen, obwohl die Autor*innen dies offenbar nahelegen. Die Korrelation von Nutzungszahlen und Vollzeitäquivalenten in den einzelnen Stadtteilen erzeugt den Eindruck, als sei eine Anpassung der Personalkapazitäten erforderlich, auch hier ermöglicht die fehlende inhaltliche Einordnung Interpretationen im Reich der Beliebigkeit. Schöne forderte abschließend eine Weiterentwicklung der statistischen Erhebungen unter Beteiligung der Arbeitsgemeinschaften. Dies wurde von der amtierenden Jugendamtsleiterin Sylvia Lemm unterstützt, sie bat dennoch um eine Bearbeitung der vorliegenden Erhebungsergebnisse in den Stadtteilrunden und Facharbeitsgemeinschaften. Tilo Kießling versuchte, sich vom dem Jugendhilfeausschuss einen Auftrag für die Weiterbearbeitung dieser Informationsvorlage im Unterausschuss Planung abzuholen, dem widersprach Oberbürgermeister Dirk Hilbert und stellte zunächst eine verwaltungsinterne Klärung des weiteren Vorgehens in Aussicht.

Der Jugendhilfeausschuss bestätigte in teilweise angepasster Form die Planungsberichte für mehrere Stadträume (1, 4, 5, 15, 17) und erhielt für zwei weitere Stadträume die Planungsberichte (Stadraum 2 und Stadtraum 3) in 1. Lesung. Vor der Beratung im Unterausschuss Planung sind nun erneut die zuständigen Stadtteilrunden zur Abgabe von Stellungnahmen zum Planungsbericht aufgefordert. Ebenfalls in 1. Lesung wurde eine Vorlage zur Aufnahme eines neuen Kita-Standortes an der Marta-Fraenkel-Straße in der Neustadt eingebracht. Auf Anfrage sagte die Leiterin des Amtes für Kindertagesbetreuung, Sabine Bibas, die Finanzierung des Hortes ab 01.08.2020 zu, auch wenn die abschließende Beschlussfassung im Stadtrat erst nach diesem Eröffnungstermin stattfinden wird. Der neu entwickelte Standort beheimatet künftig eine Grundschule, einen Hort und eine Kindertagesstätte, letztere wir auf Grund des Baufortschrittes rund 5 Monate früher öffnen können und geht somit am 01.05.2021 ans Netz. Im Ausschreibungsverfahren hatte sich Malwina Dresden e. V. als Träger durchsetzen können.

In der Informations- und Fragerunde erklärte die Jugendamtsleiterin, dass die „Corona-FAQ“ für die Jugendhilfe wieder vom Netz genommen werden, da sich die Rückkehr zum „Regelbetrieb“ bereits vollziehe und somit abweichende Regelungen nicht mehr erforderlich seien. Für die Genehmigung eines Vertrages zur Umsetzung von Vereinsvormundschaften wird im Umlaufverfahren die erforderliche Zustimmung des Jugendhilfeausschusses eingeholt, dies dient der Beschleunigung des Verfahrens und somit einem früheren Umsetzungsbeginn.
Die Kinderbeauftragt Anke Lietzmann wies auf einen durch Stadtratsbeschluss aufgelegten Fonds für Maßnahmen in den Sommerferien hin und appellierte an die Verwaltung, auch außerschulischen Trägern die Unterbreitung von Angeboten im Rahmen der Ferienbetreuung zu ermöglichen und aus diesem 100.000 Euro umfassenden Fonds zu finanzieren. Carsten Schöne unterstütze diese Forderung und verwies darauf, dass auch die Gestaltung der Ferienangebote in diesem Jahr leiden werde, da Schulhorte nur im näheren Umfeld ihres Standortes agieren können, die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln mit Kindergruppen sei auf Grund der Hygienevorschriften nicht möglich. Lietzmann empfahl den Trägern die Einreichung entsprechender Anträge.
Auf Anfrage Anja Stephans zur coronabedingten Entwicklung der Jugendarbeitslosigkeit, konstatierte Arbeitsagenturchef Jan Pratzka bislang nur einen geringen Anstieg. Besondere Herausforderungen lägen derzeit bei der Vermittlung junger Menschen in Ausbildungsverhältnisse, die gewohnten Möglichkeiten und Partner stehen coronnabedingt derzeit nicht zur Verfügung. Hierzu zählen Veranstaltungen und Schulen, die gerade in der Phase des zu Ende gehenden Schuljahres für die Vermittlung von Ausbildungsstellen eine wichtige Rolle spielen. Anja Stephan bat weiterhin um Bereitstellung von Informationen zum Umfang eingeleiteter Bußgeldverfahren gegen Jugendliche in Folge von Verstößen gegen die coronabezogenen Versammlungs- und Hygienevorschriften. Sie geht davon aus, dass dies zu einem Mehraufwand in der Jugendgerichtshilfe führt. Sie bat auch um die zusätzliche Aufnahme von kurzfristig organisierten Ferienangeboten in die Online-Version des Dresdner Ferienpasses, was wohl bislang durch die Verwaltung abgelehnt wurde.

Ein weiterer Tagesordnungspunkt beinhaltete eine Präsentation von Ergebnissen einer Jugendbefragung zur möglichen Entwicklung einer „Dresdner Jugend-App“. Im Auftrag der Kinder- und Jugendbeauftragten, Anke Lietzmann, wurde eine Online-Befragung von knapp 300 jungen Menschen durchgeführt. Im Ergebnis ist durchaus ein Interesse der Jugendlichen an einer solchen lokalen App zu verzeichnen, dabei finden lokale Informationen, Jobangebote und integrierte „Schülerausweisfunktionen“ das besondere Interesse der Befragten. Aber auch ein „Kiez-Atlas“ mit Informationen zu den Stadtteilen sowie Kontaktdaten und Informationen zu Hilfs- und Unterstützungsangeboten in der Stadt können sich die jungen Menschen in einer solchen App gut vorstellen. Wie Lietzmann ausführte, gilt es nun ein entsprechendes Konzept zu entwickeln und eine geeignete technische Lösung zu finden, die aus jetziger Perspektive eher als Website als in Form einer App ausgestaltet sein könnte.

Einstimmig beschlossen wurde die Fortschreibung des Kita-Bedarfsplanes. Die Vorlage zur Neuregelung der Elternbeiträge für die Kindertagesbetreuung wurde vertagt, da der Bildungsausschuss noch keine Beschlussempfehlung ausgesprochen hat und somit auch der zuständige Unterausschuss Kita nicht abschließend beraten kann.

Mehrere Mitglieder des Jugendhilfeausschusses beantragten eine Sondersitzung des Gremiums zur Haushaltsplanung für die beiden Folgejahre. Entsprechend der Rechtsauffassung der Antragstellenden ist der Jugendhilfeausschuss bereits bei der Bedarfsanmeldung des Jugendamtes auf Grund von dessen Zweigliedrigkeit zu beteiligen. Die Sondersitzung soll auch zur Transparenz beitragen, die in den letzten Wochen kolportierten Zahlen zu coronabedingten Einnahmeausfällen und Mehraufwendungen sind nicht nachvollziehbar und verunsichern nicht nur die freien Träger in allen Förderbereichen der Landeshauptstadt Dresden.

Die nächste reguläre Sitzung des Jugendhilfeausschusses findet am 10.09.2020 statt.

Hinweis: Die Informationen zu Beschlüssen stehen unter dem Vorbehalt der Erlangung der Rechtskraft der Beschlüsse. Bei dieser Veröffentlichung handelt es sich um eine persönliche Wiedergabe der Ausschusssitzung, die durch meine Mitgliedschaft in diesem Gremium durchaus subjektive Betrachtungen enthalten kann und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Ich bitte um Verständnis.

Redaktion: Carsten Schöne


Die Tagesordnung im Überblick:

  1. Kontrolle der Niederschrift vom 7. Mai 2020
  2. Informationen/Fragestunde
  3. Präsentation zur Kinder- und Jugend-App (Informationsvorlage)
  4. Präsentation zur Auswertung Statistik und Sachberichte 2018
  5. Planungsrahmen der Kinder- und Jugendhilfe in Dresden – Spezifischer Teil (Teil IV), hier: Planungsberichte der Stadträume 1, 4, 5, 15 und 17 (V0114/19)
  6. Planungsrahmen der Kinder- und Jugendhilfe in Dresden – Spezifischer Teil (Teil IV), hier: Planungsbericht Stadtraum 2 (V0381/20)
  7. Planungsrahmen der Kinder- und Jugendhilfe in Dresden – Spezifischer Teil (Teil IV), hier: Planungsbericht Stadtraum 3 (V0383/20)
  8. Aufnahme von zwei Kindertageseinrichtungen in der Marta-Fraenkel-Straße 6 und 8 in 01097 Dresden in den Bedarfsplan Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege 2020/2021 und Betreibung durch den Träger Malwina e. V. (V0332/20 – 1. Lesung)
  9. Fortschreibung Fachplan Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege für das Schuljahr 2020/2021 (V0197/20)
  10. Neufassung der Elternbeitragssatzung vom 15. Mai 2014 (V0302/20)
  11. Berichte aus den Unterausschüssen
  12. Informationen (nicht öffentlich)