by pixabay.comIn seiner ersten Sitzung des neuen Jahres wurde ein Antrag von drei Stadtratsfraktionen beraten, der u. a. die Erhöhung der Mittel für die Förderung von Angeboten der Kinder-, Jugend- und Familienarbeit in freier Trägerschaft zum Gegenstand hat.

Der Stadtrat hatte im Dezember auf Grund veränderter Mehrheitsverhältnisse einen Haushaltsbeschluss gefasst, der im Grunde der Verwaltungsvorlage entsprach und eine so genannte „Liquiditätsreserve“ vorsieht. Aus dieser „Reserve“ könnten nun Maßnahmen und Projekte finanziert werden, die man im Normalfall im Zuge der Haushaltsdebatte im Stadtrat aushandelt und beschließt.
Der nun vorliegende Eilantrag der Stadtratsfraktionen von SPD, Grüne und Linke greift im Bereich Jugendhilfe den Beschluss des Jugendhilfeausschusses zum Haushalt auf und fordert eine Erhöhung des Budgets gegenüber den Vorjahren um 1,2 bzw. 1,4 Mio Euro in 2019 bzw. 2020. Dies entspricht den Forderungen des Jugendhilfeausschusses, der die Aufstockung insbesondere für den Ausgleich gestiegener Personal- und Sachkosten sowie zur Fortführung ausgewählter Angebote wie der Straßenschule Dresden erbeten hatte.
Die nach Einbringung des Antrages durch Tilo Kießling entstehende Debatte wirkte etwas befremdlich, da die Verwaltung mit offenbar aus den Zusammenhang gerissenen Zahlen argumentierte, die man weder präzise benennen noch begründen konnte. Da sich der aktuelle Haushaltsbeschluss im Wesentlichen auf die Vorjahreszahlen stützt, erzeugten die Aussagen des Jugendamtsleiters Claus Lippmann, dass das bislang beschlossene Budget für die Fortführung der Angebote der Jugendarbeit ausreichend sei, berechtigte Zweifel. Laut Lippmann sei dies jedoch nur dann ausreichend, wenn man auf die Umsetzung des Stadtratsbeschlusses zum so genannten Präventionsbudget verzichtet. Auch Bürgermeister Hartmut Vorjohann verlangte einen Verzicht auf dieses neue Projekt. Dies wiederum forderte die Empörung von Tilo Kießling heraus, der kein Verständnis dafür hat, dass die Verwaltung die Umsetzung von Stadtratsbeschlüssen offenbar verweigere. Während das Präventionsbudget ein Volumen von ca. 300.000 Euro hat, hat der Jugendhilfeausschuss einen Mehrbedarf von etwa 1,2 Mio Euro pro Jahr festgestellt. Für die Differenz hatte die Verwaltung auch auf Nachfrage keine Erklärung parat.
Jan Güldemann erinnerte an den Beschluss des Jugendhilfeausschusses zum Haushalt, dem eine intensive Beratung vorausgegangen war. In der fachlichen Einschätzung sei durch die Veränderungen im Stadtrat keine neue Situation eingetreten, die zu Grunde liegenden Bedarfe haben sich nicht verändert. Carsten Schöne mahnte eine baldige Entscheidung an, da die derzeitige Situation Träger und Personal verunsichert und die Träger auch derzeit nicht abschätzbare finanzielle Risiken eingehen. Der Aussage von Bürgermeister Vorjohann, dass auch in der Finanzierung eine Gleichbehandlung zwischen öffentlichem und den freien Trägern gegeben sei, widersprach Anett Dahl. Sowohl bei den Verwaltungsaufwendungen wie auch beim Personal sei dies nicht gegeben.
Der Jugendhilfeausschuss beschloss die relevanten Punkte aus dem Antrag mehrheitlich, ein Vertagungsantrag von Daniela Walter hatte zuvor keine Mehrheit gefunden. Voraussichtlich am 24.01.2019 soll sich der Stadtrat mit dem Antrag befassen, findet dieser dort keine Mehrheit, müssen zumindest vorübergehend spürbare Einschränkungen in den geförderten Angeboten befürchtet werden.

Der Jugendhilfeausschuss beschloss eine Anpassung in der Struktur der Arbeitsgemeinschaften gemäß § 78 SGB VIII. Bereits 2016 war eine Neustrukturierung der Arbeitsgemeinschaften beschlossen worden, die zum 01.01.2019 in Kraft treten sollte. Nach Kritiken und Änderungswünschen aus der Trägerlandschaft beantragte Peter Streubel die Beibehaltung der ursprünglichen Arbeitsstrukturen, die jedoch teilweise hinsichtlich Klarheit und Arbeitsfähigkeit Zweifel entstehen lassen. Ein nun vom Ausschuss beschlossener Ersetzungsantrag von Carsten Schöne regelt die Einrichtung einer zusätzlichen Arbeitsgemeinschaft „Querschnittsaufgaben der Jugendhilfe“. Die nunmehr gültige Struktur soll hinsichtlich ihrer Umsetzung untersucht werden, dem Jugendhilfeausschuss ist im 2. Halbjahr 2020 durch die Verwaltung hierzu zu berichten.

In der Informations- und Fragestunde wurde die Arbeit der städtischen Inobhutnahmeeinrichtungen vorgestellt. Die beiden Kinder- und Jugendnotdienste verfügen über 66 Plätze, insgesamt sind etwa 50 Fach- und Verwaltungskräfte an den Standorten in Reick und Strehlen tätig. Während die Einrichtung in Reick nunmehr Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres aufnimmt, werden in der seit 2017 bestehenden Einrichtung in Strehlen junge Menschen zwischen 14 und 18 Jahren aufgenommen. Die Einrichtungen haben neben Personalproblemen auch Herausforderungen mit selbst- und fremdgefährdenden Jugendlichen zu bewältigen. Die Anzahl der Inobhutnahmen ist relativ konstant, in 2018 erfolgten 534 Inobhutnahmen. Deutlich zurückgegangen ist die Aufnahme von unbegleiteten ausländischen Minderjährigen, waren dies im Jahr 2015 noch 357 Personen, so wurden in 2018 lediglich 61 junge Menschen aufgenommen. Die durchschnittliche Verweildauer im Kinder- und Jugendnotdienst unterscheidet sich in den o. g. Altersgruppen deutlich. Während sie bei Kindern 13 Tagen beträgt, verweilen Jugendliche durchschnittlich 39 Tage in der Notunterkunft.

Bürgermeister Vorjohann übermittelte eine Einladung des Bildungsausschusses an den Jugendhilfeausschuss zu einer weiteren Erörterung der städtischen Bildungsstrategie. Diese Einladung soll vom Vorsitzenden oder dessen Stellvertreter wahrgenommen werden.
Auf Anfrage Tilo Kießlings zur Besetzung der Stelle der Leitung des Amtes für Kinder, Jugend und Familie informierte Vorjohann, dass die Stellenausschreibung derzeit vorbereitet wird. Kießling erfuhr auf Anfrage außerdem, dass die in Aussicht gestellte Veröffentlichung des Interessenbekundungsverfahrens zum Präventionsbudget werden des noch nicht abschließend geklärten Haushaltes verschoben wurde.
Anett Dahl bat um Auskunft, warum die Informationen zur Ehrenamtsförderung durch den Geschäftsbereich Bildung und Jugend nicht an die Träger weitergeleitet wurde, obwohl diese Informationen frühzeitig vom Sozialamt zur Verfügung gestellt wurden. Außerdem bat sie um Klärung technischer Probleme bei den Statistiktools für Einrichtungen der Jugendarbeit, die offenbar nicht elektronisch an die Verwaltung übermittelt werden können.

Der Jugendhilfeausschuss beschloss bei zwei Enthaltungen eine Vorlage zu einem Konzept zum Schulabsentismus. Das nicht unumstrittene Konzept stellt eine Reihe von Definitionen zum Thema bereit und beschreibt Maßnahmen. Hierzu zählt u. a. das so genannte Familienklassenzimmer, das eine Erweiterung auf andere grundschulstandorte erfahren soll, wofür das Landesamt für Schule und Bildung (LaSuB) jedoch nicht in erforderlichen Umfang Lehrpersonal zur Verfügung stellen kann. Derzeit können hierfür lediglich 54 Stunden beigesteuert werden. Die vorgeschlagene Aufnahme von Berufsschulen in das Ranking der Schulsozialarbeit wurde nicht beschlossen, da hierfür keinerlei finanzielle Mittel zur Verfügung stehen.

In jeweils ersten Lesungen wurden Anträge zur Entwicklung eines neuen Förderverfahrens sowie zur Anerkennungsfähigkeit von Mieten, Abschreibungen und Zinsen bei geförderten Angeboten eingebracht. Die Anträge werden nun in den Unterausschüssen beraten.

Die nächste Sitzung des Jugendhilfeausschusses findet am 31.01.2019 statt.

Hinweis: Die Informationen zu Beschlüssen stehen unter dem Vorbehalt der Erlangung der Rechtskraft der Beschlüsse. Bei dieser Veröffentlichung handelt es sich um eine persönliche Wiedergabe der Ausschusssitzung, die durch meine Mitgliedschaft in diesem Gremium durchaus subjektive Betrachtungen enthalten kann und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Ich bitte um Verständnis.

Redaktion: Carsten Schöne


Die Tagesordnung im Überblick:

  1. Kontrolle der Niederschrift vom 8. November 2018
  2. Informationen/Fragestunde
    “Situation der Inobhutnahmen in Dresden (Kinder- und Jugendnotdienst I und II)”
  3. Konzept Schulabsentismus (V2489/18)
  4. Berücksichtigung von Mieten, Absetzung für Abnutzung (AfA) und Zinsen bei der Förderung von Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe in Dresden – Vereinheitlichung der Verwaltungspraxis I Herstellung der Rechtskonformität zur langfristigen Sicherstellung der Angebote und Qualität (A0509/18 – 1. Lesung)
  5. Prozess zur Erarbeitung eines neuen Förderverfahrens in der Kinder- und Jugendhilfe für Angebote gem. § 74 SGB VIll auf der Basis von A0420/18 (A0516/18 – 1. Lesung)
  6. Struktur der Arbeitsgemeinschaften nach § 78 SGB VIII (A0501/18)
  7. Berichte aus den Unterausschüssen
  8. Informationen (nicht öffentlich)
  9. Erhöhung der Budgets für Gleichstellung und Beauftragte, Soziale Projekte, Jugendhilfe, kommunale Kulturförderung (A0522/18)