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Fachkräftegewinnung

Mehr als eine Stunde standen in der 64. Sitzung des Jugendhilfeausschusses für inhaltliche Berichterstattung und Austausch zur Verfügung. Neben der Vorstellung der „LOUISE – Haus für Kinder, Jugendliche und Familien“ wurde die angespannte Fachkräftesituation in Dresden erörtert.

Zwei Vertreterinnen des Malwina e. V. stellten die konzeptionelle und organisatorische Entwicklung der „LOUISE“ vor, die der Verein 2007 aus kommunaler Trägerschaft übernommen hatte. Aus dem ehemals offenen Kinder- und Jugendhaus ist inzwischen ein sozialräumlich orientiertes Angebot für Kinder, Jugendliche und Familien geworden, das von einer Vielzahl selbstverwalteter Gruppen ergänzt wird. Unter einem Dach befinden sich heute neben dem offenen Jugendtreff auch eine Kindertagesstätte, ein Beratungsangebot für werdende Eltern sowie Familienbildungsangebote für Eltern. Bereits seit 2012 arbeitet der Verein in Anlehnung an den „Early Excellence Ansatz“ an einer pädagogischen wie organisatorischen Neuausrichtung, die von einer Steuerungsgruppe begleitet und seit geraumer Zeit erfolgreich umgesetzt wird. Die entsäulte Betrachtung und Umsetzung der unterschiedlichen Leistungsangebote erfordert jedoch zusätzliche koordinierende Ressourcen, von denen auch die zahlreichen ehrenamtlichen Initiativen im Haus profitieren werden. Hierzu nimmt die Einrichtung am Bundesprogramm „Eltern-Kind-Zentren“ statt, weitere Unterstützung erhält der Verein aus dem Amt für Kindertagesbetreuung. Mehrere Ausschussmitglieder würdigten den eingeschlagenen Weg, der beispielhaft für die angedachte sozialräumliche Orientierung in der Dresdener Jugendhilfe sein kann. Gleichzeitig bestätigten  sie die Notwendigkeit zusätzlicher Ressourcen für die Koordinierungsaufgaben.

 

Anschließend wurde die herausfordernde Situation bei der Gewinnung von Fachkräften in Dresden erörtert. Zunächst stellte Jugendamtsleiter Claus Lippmann die Herausforderungen des Jugendamtes dar, anschließend erläuterten die Sprecherinnen der AG Kindertagesbetreuung, Renate Möbius und Heike Heubner-Christa, die Schwierigkeiten in den Dresdner Kindertageseinrichtungen. Nach einer Befragung von etwa 25 Prozent der Dresdner Kitas waren im Jahr 2018 125 Stellen über einen Zeitraum von fünf Monaten unbesetzt, besondere Engpässe wurden im 2. Und 4. Quartal konstatiert. 100 Kinder konnten in der Folge des Personalmangels nicht zum Wunschzeitpunkt in die Kitas aufgenommen werden.

Als weitere Folgen des Personalmangels nannten die AG-Sprecherinnen die Zusammenlegung von Gruppen, reduzierte Öffnungszeiten, wechselnde Bezugspersonen u. a. durch den Einsatz von Personal aus Zeitarbeitsfirmen, reduzierte pädagogische Angebote, Verzicht auf Mitwirkung in Sonderprogrammen oder Absage von Elterngesprächen.

Heubner-Christa schlug den flächendeckenden Einsatz von „Springer-Kräften“ vor, die jeder Einrichtungen außerhalb des Betreuungsschlüssels zur Verfügung stehen sollten. Mit einem Arbeitszeitvolumen von 30 Stunden je Woche würde dies Mehrkosten in Höhe von 15,8 Millionen Euro verursachen. Alternativ könnten die berufsbegleitend in Ausbildung befindlichen Beschäftigten aus dem Personalschlüssel herausgerechnet werden. Dies würde Kosten in Höhe von 11,8 Millionen Euro erzeugen.

 

Während die Ausführungen Lippmanns zu den Bemühungen der Verwaltung ausschließlich auf das Jugendamt bezogen waren, forderte Juliana Schneider ein gemeinsames Agieren von Stadtverwaltung und freien Trägern. Carsten Schöne berief sich auf Gespräche der Liga der freien Wohlfahrtspflege mit Oberbürgermeister Dirk Hilbert sowie mit Bildungsbürgermeister Hartmut Vorjohann, in denen man sich auf gemeinsame Anstrengungen zur Gewinnung und Bindung von Fachkräften verständigt hat. Wie Schöne ausführte, wird die Liga dem Oberbürgermeister in Kürze ein entsprechendes Projekt vorschlagen, das eine breite Palette von Maßnahmen zur Fachkraftsicherung enthalten wird.

 

Im Informationsteil verwies Carsten Schöne auf eine eingereichte Anfrage an den Oberbürgermeister, deren Beantwortung Aufklärung zur Praxis der Kostenheranziehung in der stationären und teilstationären Jugendhilfe liefern soll.

 

Die Aufnahme des Projektes „Jugendzentrum Jugendkirche Dresden“ in das integrierte Handlungskonzept  zum Städtebaufördergebiet Dresden-Johannstadt beschloss der Jugendhilfeausschuss einstimmig. Mehr als 6 Millionen sollen in einen Um- und Erweiterungsbau der Ruine der Trinitatiskirche fließen, die für die Förderung erforderlichen Eigenmittel in Höhe von ca. , Millionen Euro teilen sich die Stadt und der Bauherr.

 

In erster Lesung wurde die Vorlage zur alljährlichen Anpassung der Elternbeiträge eingebracht. Auch drei Vorlagen aus der Jugendhilfeplanung wurden vorgestellt. Hier regte sich Kritik, da somit insgesamt vier umfangreiche Planungsvorlagen zu beraten und zu beschließen sind, die im vorgesehenen Zeitraum kaum zu bewältigen sein dürften. Die Planungsdokumente sind öffentlich zugänglich und sollten auch von den Trägern der Jugendhilfe gesichtet werden, bevor sie vom Jugendhilfeausschuss abschließend beschlossen werden. Diese Dokumente sind die Basis für die weitere Entwicklung der Jugendhilfe in Dresden.

 

Auf Antrag der CDU-Fraktion soll die erst zu Beginn der gegenwärtigen Legislatur vorgenommene Änderung in der Struktur des Jugendamtes wieder rückgängig gemacht werden. Tilo Kießling kritisierte, dass die Verwaltung bislang nichts zur Umsetzung der damals beschlossenen Struktur unternommen hätte und mahnte eine rechtskonforme Einbindung insbesondere des städtischen Eigenbetriebes Kindertageseinrichtungen an, der von der erenuten Änderung ebenfalls betroffen sein wird.

 

Ebenfalss in erster Lesung wurde ein Antrag von Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses eingebracht, der die Verwaltung mit einer erneuten Prüfung der Förderung des Kinder-, Jugend- und Familienhauses „Plauener Bahnhof“ beauftragt. Nach Einschätzung der Antragstellenden sei in Beurteilung konzeptioneller Fragen im Zuge der Förderdebatte keine ausreichende Darstellung erfolgt. Dies soll nun nachgeholt werden.

 

In einem Grundsatzbeschluss stellte der Jugendhilfeausschuss klar, dass bei der Einrichtung von Angeboten der Schulsozialarbeit eine Trennung zwischen Schulträger und Träger der Schulsozialarbeit zu berücksichtigen ist. Somit kann ein freier Träger als Betreiber einer Schule nicht selbst Angebotsträger für die Schulsozialarbeit sein.

 

Die nächste reguläre Sitzung des Jugendhilfeausschusses findet am 16.05.2019 statt.

Hinweis: Die Informationen zu Beschlüssen stehen unter dem Vorbehalt der Erlangung der Rechtskraft der Beschlüsse. Bei dieser Veröffentlichung handelt es sich um eine persönliche Wiedergabe der Ausschusssitzung, die durch meine Mitgliedschaft in diesem Gremium durchaus subjektive Betrachtungen enthalten kann und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Ich bitte um Verständnis.

 

Redaktion: Carsten Schöne


Die Tagesordnung im Überblick:

  1. Kontrolle der Niederschrift vom 7. März 2019
  2. Informationen/Fragestunde
    – Vorstellung LOUISE- Haus für Kinder, Jugendliche und Familie
    – Information zur Fachkräftegewinnung
  3. Aufnahme des Projektes „Jugendzentrum Jugendkirche Dresden“ in das Integrierte Handlungskonzept zum Fördergebiet Dresden Johannstadt/Pirnaische Vorstadt sowie Einsatz von Förder- und Eigenmitteln für die Realisierung (V2886/19)
  4. Planungsrahmen der Kinder- und Jugendhilfe in Dresden: Leistungsfelder und Leistungsarten (Teil III) (V2749/18)
  5. Festsetzung der Elternbeiträge ab dem 1. September 2019 nach Vollzug des Abstimmungsverfahrens nach § 15 Abs. 1 SächsKitaG i. V. m. § 2 Abs. 2 der Satzung der Landeshauptstadt Dresden über die Erhebung von Elternbeiträgen (Elternbeitragssatzung) (V2750/18 – 1. Lesung)
  6. Planungsrahmen der Kinder- und Jugendhilfe in Dresden – Ergänzung zum Allgemeinen Teil (Teil I), hier: Konzept zur Beteiligung der Adressatinnen und Adressaten an der Jugendhilfeplanung (V2897/19 – 1. Lesung)
  7. Planungsrahmen der Kinder- und Jugendhilfe in Dresden – Spezifischer Teil (Teil IV), hier: Planungsberichte „Hilfen zur Erziehung, Eingliederungshilfen und Hilfen für junge Volljährige“ und „Förderung der Erziehung in der Familie“ (V2899/19 – 1. Lesung)
  8. Planungsrahmen der Kinder- und Jugendhilfe in Dresden – Spezifischer Teil (Teil IV), hier: Planungsberichte der Stadträume 1, 2, 3, 4/5, 7, 8/9, 10, 11/12, 13/14, und 15 (V2896/19 – 1. Lesung)
  9. Änderung der Satzung des Eigenbetriebes Kindertageseinrichtungen Dresden sowie der Satzung der Landeshauptstadt Dresden für das Jugendamt, beide zuletzt geändert durch Stadtratsbeschluss vom 24.11.2016 (A0592/19 – 1. Lesung)
  10. Skaterplätze in Dresden einrichten und fördern! (A0562/19)
  11. Berichte aus den Unterausschüssen
  12. Informationen (nicht öffentlich)
  13. Grundsatzbeschluss zur Trägerauswahl für Angebote der Schulsozialarbeit in Dresdner Schulen (A0601/19)
  14. Prüfauftrag an die Verwaltung des Jugendamtes (A0602/19 – 1. Lesung)