Die umstrittene Polizeiverordnung konnte auch gestern nicht den Jugendhilfeausschuss passieren, eine Beschlussempfehlung des Unterausschusses Planung war vom städtischen Rechtsamt als nicht rechtskonform eingestuft worden. Zahlreiche Mitglieder des Jugendhilfeausschusses wollen mit einem Änderungsantrag das angestrebte grundsätzliche Verbot des Bettelns durch und mit Kindern abwenden und hatten eine Regelung vorgeschlagen, die nur dann greift, wenn das Betteln zu einer Kindeswohlgefährdung führt.

Eine solche Regelung sei jedoch praktisch nicht umsetzbar und somit nicht rechtskonform, so eine Stellungnahme des Rechtsamtes, die den Ausschussmitgliedern erst wenige Stunden vor der Ausschusssitzung zugegangen war. Tilo Kießling führte hierzu aus, dass in einer städtischen Polizeiverordnung nur solche Dinge mit Verboten belegt werden dürfen, die auch mit den Regelungen des sächsischen Polizeigesetzes korrespondieren. Maßgabe hierfür ist, dass der jeweilige Sachverhalt die „öffentliche Ordnung stören oder gefährden“ müsse. Dies sei entsprechend einschlägiger Gerichtsentscheidungen nicht zutreffend für Formen des Bettelns, die nicht aggressiv sind oder andere besondere Merkmale aufweisen. Die Vorlage wurde in den Unterausschuss Planung zurücküberwiesen, der sich nun erneut mit ihr befassen wird. Carsten Schöne kritisierte die Vorlage auch wegen ihrer Form, es sei bedenklich, wenn eine Stadtverwaltung die Folgen von Armut als Ordnungswidrigkeit einstufe. Auch erschließe sich die Aufzählung von Sportgeräten nicht, die durch Nutzung im öffentlichen Raum zu Störungen oder Belästigungen führen könnten. Während die Nutzung eines Skateboards in der Verordnung als möglicher Störfaktor aufgenommen wurde, bleiben ähnliche Sportgeräte wie Longboards unerwähnt. „Vielleicht gefährdet man ja durch die Polizeiverordnung auch die Durchführung des Dresdner Nachtskatens, das ja mit erheblichen Lärm einhergehe“, so Schöne.

In der Informations- und Fragestunde stellte Jugendamtsleiter Claus Lippmann eine Beschlussvorlage zur Förderung von Nachanträgen in Aussicht, die am 30.11.2017 beraten werden soll. Die Beschlussvorlage für die Förderung 2018 sei erst nach dem Jahreswechsel zu erwarten. Carsten Schöne kritisierte die späte Fertigstellung der Vorlage und verwies auf den dadurch entstehenden Verwaltungsmehraufwand. Es sei nicht nachvollziehbar, einerseits über Personalmangel in der zuständigen Fachabteilung zu klagen und andererseits eine Vermeidung zusätzlichen und unnötigen Mehraufwandes nicht hinzubekommen. Die späte Verabschiedung der Fördervorlage erfordert die zwischenzeitliche Ausstellung von Vorauszahlungsbescheiden, die bei rechtzeitiger Erarbeitung der Vorlage nicht nötig wären. Schöne informierte über einen eingereichten Antrag, der zumindest für die neuen Projekte der Schulsozialarbeit eine Beschleunigung des Verfahrens zum Gegenstand hat; die in diesem Schuljahr neu eingerichteten Projekte der Schulsozialarbeit sollen nach dem Willen des Antrags übergangslos ab 01.01.2018 fortgeführt werden. Die Beschlussfassung hierzu ist am 30.11.2017 vorgesehen.

Im Auftrag des Oberbürgermeisters informierte der stellvertretende Ausschussvorsitzende, Jan Güldemann, dass die Ausschreibung der Stelle der / des Kinderbeauftragten in Hoheit des Oberbürgermeisters vollzogen wird, eine Beratung des Ausschreibungstextes im Jugendhilfeausschuss ist nicht vorgesehen, jedoch wird das Gremium an der Auswahl der Person beteiligt.

Auf Anfrage Dorothée Marths erklärte Claus Lippmann, dass es keine Fortführung der Projekte für schulverweigernde Kinder und Jugendliche geben wird. Er unterstrich nochmals die Einschätzung der Verwaltung zur geringen Wirksamkeit der Angebote und stellte individuelle Unterstützungsangebote für die jungen Menschen in den Leistungsfeldern der Hilfen zur Erziehung und in der Jugendberufshilfe in Aussicht. Aus Sicht einiger Ausschussmitglieder besteht auch weiterhin Gesprächsbedarf, so dass man die Entscheidung des Jugendamtes noch nicht als endgültig hinnehmen möchte. Mehrere junge Menschen aus den genannten Projekten befanden sich im Publikum, eingangs der Ausschusssitzung hatten die in Form eines Transparentes einen Unterstützungsappell an den Jugendhilfeausschuss gerichtet.

Die beabsichtigte Förderung eines offenen Angebotes für Kinder im Jugendhaus Cossebaude aus Mitteln des Verfügungsfonds der Ortschaft Cossebaude war Gegenstand einer weiteren Anfrage von Carsten Schöne. Der Jugendhilfeausschuss hatte im Zuge des Förderbeschlusses einen solchen Bedarf nicht feststellen können und die Förderung entsprechend abgelehnt. Nun versucht der Ortsbeirat in die Zuständigkeit des Jugendhilfeausschusses einzugreifen. Die Verwaltung des Jugendamtes war hier nicht einbezogen und will dem Antrag nun nachgehen.
Darüber hinaus erfragte Schöne noch die Praxis der Verwaltung beim der Bearbeitung von Widersprüchen. Träger haben Widerspruchsbescheide erhalten, ohne dass dem die gesetzlich verankerten Anhörungen vorausgegangen waren. Die Verwaltung sagte eine regelkonforme Klärung zu.

Anke Lietzmann erinnerte an ausstehende Antworten zum Frage der Kinderwohlgefährdungseinschätzung bei der Abschiebung von Geflüchteten und Zugewanderten. Das Jugendamt sei in diese Prozesse nicht einbezogen und bemühe sich um einen entsprechenden Austausch mit den zuständigen Landesbehörden.
Ferner kritisierte Lietzmann unter Verweis auf die aktuelle Vorlage zur Jugendhilfeplanung und der damit verbundenen Neuordnung der Arbeitsgemeinschaften nach § 78 SGB VIII die fehlende Aktualität veröffentlichter Dokumente zur Arbeit der Arbeitsgemeinschaften. Die Verwaltung versprach eine Aktualisierung der Informationen im Fachkräfteportal bis zum 15.12.2017.

Das „Konzept zur Verbesserung der Personalausstattung in Kindertageseinrichtungen für Krankheitsfälle und konkrete Bedarfslagen“ wurde mehrheitlich vom Jugendhilfeausschuss beschlossen. So erhalten Träger von Kindertageseinrichtungen befristet bis Ende 2018 separate Zuschüsse, die für den Ausgleich von krankheitsbedingten Personalausfällen verwendet werden können. Das Konzept soll Mitte nächsten Jahres überarbeitet werden, so dass dann auch „besondere Bedarfslagen“ ausgewählter Standorte Berücksichtigung finden sollen.

Jeweils einstimmig wurden die Vorlagen zur Betreibung einer neuen Kindertagesstätte in Dresden-Löbtau, zur Aufnahme des Hortes der 147. Grundschule in den Bedarfsplan sowie zur Förderung von investiven Maßnahmen in Kindertageseinrichtungen beschlossen.

In erster Lesung wurde durch die Verwaltung eine Vorlage eingebracht, die die Änderung der Betriebsvereinbarung eines Trägers im Bereich der Kindertagesbetreuung zum Inhalt hat. Außerdem wurde eine Beschlussvorlage vorgestellt, mit der die Richtlinie Kindertagespflege neu gefasst wird, was im Ergebnis eines Urteils des Verwaltungsgerichtes erforderlich wurde. Das Gericht hatte die Verwaltung aufgefordert, die den Zuwendungen an die Tagespflegepersonen zu Grunde liegenden Kalkulationen nachvollziehbar zu gestalten und nachzuweisen. Zur Beratung der Vorlage wird eine Vertretung der Kindertagespflegepersonen in den Unterausschuss Kindertagesbetreuung eingeladen.

Der Jugendhilfeausschuss fasste ferner einen Beschluss zu den Ergebnissen der Planungskonferenzen, die nunmehr Bestandteil der Planungsdokumente werden. Der ursprüngliche Antrag wurde durch einen Änderungsantrag Jan Güldemanns präzisiert.

Die nächste Sitzung des Jugendhilfeausschusses findet am 30.11.2017 statt.

Hinweis: Die Informationen zu Beschlüssen stehen unter dem Vorbehalt der Erlangung der Rechtskraft der Beschlüsse. Bei dieser Veröffentlichung handelt es sich um eine persönliche Wiedergabe der Ausschusssitzung, die durch meine Mitgliedschaft in diesem Gremium durchaus subjektive Betrachtungen enthalten kann und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Ich bitte um Verständnis.

Redaktion: Carsten Schöne


Die Tagesordnung im Überblick:

  1. Kontrolle der Niederschrift vom 14.09.2017
  2. Informationen/Fragestunde
  3. Polizeiverordnung der Landeshauptstadt Dresden als Kreispolizeibehörde zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Dresden (V1644/17)
  4. Interessenbekundungsverfahren für Leistungen der Förderung der freien Jugendhilfe nach § 74 SGB VIII für Leistungen nach den §§ 11, 13, 14 und 16 SGB VIII (V1854/17)
  5. Konzept zur Verbesserung der Personalausstattung in Kindertagesstätten für Krankheitsfälle und konkrete Bedarfslagen (V1619/17)
  6. Betreibung der Kindertageseinrichtung Malterstraße 16 in 01159 Dresden durch den freien Träger Deutscher Kinderschutzbund Ortsverband Dresden e. V. (V1826/17)
  7. Aufnahme der Kindertageseinrichtung, Hort an der 147. Grundschule, Döbelner Straße 6 in 01127 Dresden in den Bedarfsplan Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege 2017/2018 und Betreibung durch den Träger Outlaw gGmbH (V1832/17)
  8. Vergabe Zuschüsse für bewegliche Sachen des Anlagevermögens und für bauliche Maßnahmen im Jahr 2017 an Träger der freien Jugendhilfe von Kindertageseinrichtungen (2. Förderrunde 2017) (V1833/17)
  9. Änderung der Vereinbarung zur Betriebsführung, Betriebskostenfinanzierung, Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung in Kindertageseinrichtungen in freier Trägerschaft mit dem Träger Unternehmen Kultur gGmbH (V1917/17 – 1. Lesung)
  10. Förderung von Kindern in Kindertagespflege in der Landeshauptstadt Dresden (Richtlinie Kindertagespflege 2018) (V1931/17 – 1. Lesung)
  11. Planungsrahmen der Kinder- und Jugendhilfe in Dresden – Spezifischer Teil (Teil IV), hier: Ergebnisse der Planungskonferenzen 2015/2016 (A0376/17)
  12. Berichte aus den Unterausschüssen
  13. Informationen (nicht öffentlich)