„Die Jugendlichen sind lernwillig und hoch motiviert, ihre persönliche Zukunft sehen sie in Deutschland und Europa“, so Dr. Peter Kühn bei der Vorstellung von Ergebnissen einer Befragung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, die sich in Obhut der Dresdner Jugendhilfe befinden.

Rathaus Dresden

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Die vom Jugendamt durchgeführte Befragung sollte Aufschluss über die persönliche Lebenssituation und die Perspektiven der jungen Flüchtlinge geben. Auch wenn die Befragung nicht als repräsentativ einzuordnen ist, so geben die Ergebnisse dennoch Aufschluss über Wünsche, Hoffnungen, Perspektiven und Problemlagen der knapp 60 befragten Personen. Die Mehrzahl der Jugendlichen fühlt sich wohl, lediglich ein Fünftel der Befragten beschrieben Probleme. Diese wiederum stützen sich vor allem auf die Dauer der Verfahren zur Klärung des Aufenthaltsstatus, der fehlenden Anschlussfähigkeit an das deutsche Bildungssystem und die schwerfällige Bereitstellung eines Vormundes bzw. erforderlicher Ausweisdokumente. Als problematisch wurden ferner die unsichere Perspektive nach Vollendung des 18. Lebensjahres und sich ausbreitende Langeweile beschrieben. Die Jugendlichen übten auch Kritik an erheblich eingeschränkter Privatsphäre in den Inobhutnahmeeinrichtungen.

Aus den Ergebnissen können Bedarfe der Jugendlichen abgeleitet werden, die sich zunächst im Sinne einer gelingenden Integration auf das Erlernen der deutschen Sprache, das Kennenlernen der kulturellen Rahmenbedingungen und auf (Aus-)Bildungsperspektiven konzentrieren. Sie haben ein Interesse daran, durch Berufstätigkeit für sich selbst sorgen zu können. Wie Dr. Kühn ausführte, sind die Akteure aus Bildung, Arbeitsmarkt und Jugendhilfe aufgefordert, Modelle zu entwickeln, die den jungen Menschen eine persönliche und berufliche Perspektive eröffnen. Arbeitsagenturchef Thomas Wünsche machte deutlich, dass Sonderwege in der Berufsausbildung nicht vorstellbar wären, vielmehr bedarf es eines langen Atems, die Jugendlichen für die erforderlichen Bildungs- und Entwicklungsprozesse hinreichend zu motivieren. Wie Wünsche ausführte, dauert es mindestens sechs Jahre, alle Prozesse – vom Spracherwerb bis zur Berufsausbildung – zu absolvieren.
Mehrere Ausschussmitglieder dankten der Verwaltung für die Durchführung der Befragung, deren Ergebnisse es ermöglichen, künftig Bedarfsaussagen und Entwicklungserfordernisse in Sozialarbeit, Bildung und Beschäftigung auf eine solide Basis zu stellen und sich nicht mehr Mutmaßungen hinzugeben. Die Präsentation zu den Ergebnissen der Befragung steht hier als Download zur Verfügung.

In einem weiteren Tagesordnungspunkt stellte Kevin Görden das gemeinsame Konzept von Jugendamt, Jobcenter und Arbeitsagentur zur Einrichtung und Betreibung eines „Jugendberatungscenters“ (JBC) vor. Im JBC sollen die unterschiedlichen Angebote der drei Kooperationspartner zusammengeführt und „aus einer Hand“ angeboten werden, was insbesondere Jugendlichen in individuellen Problemlagen einen Zugang zu Ausbildung und Beschäftigung erleichtern soll. Nach dem vorliegenden Konzept soll der Bedarf der Jugendlichen bereits am Empfang ermittelt werden, so dass dann eine zielgerichtete Vermittlung an die zuständigen Stellen der beteiligten Institutionen erfolgen kann.
Das Jugendamt bringt in die Kooperation die bisherige Beratungsstelle für ausbildungs- und arbeitslose Jugendliche „Lehrlauf“ sowie den JugendInfoService Dresden mit insgesamt 6 Personalstellen ein. In der anschließenden Diskussion wurde die späte Information des Jugendhilfeausschusses zum Vorhaben kritisiert, eine Einbeziehung des Ausschusses war trotz frühzeitiger Anfragen durch Mitglieder des Gremiums offenbar nicht gewünscht. Anett Dahl, Tilo Kießling und Carsten Schöne äußerten sich skeptisch zur Integration des JugendInfoService in das JBC, da mit erheblichen Einschränkungen des bisherigen Angebotsportfolios zu rechnen ist. Einerseits sind die Zielgruppen des JugendInfoService wesentlich weiter gefasst, als die des JBC, andererseits bestehen Zweifel, ob Raum für die umfangreiche Präventionsarbeit in den Bereichen Jugendschutz und Mediennutzung bleiben wird. Schöne sieht in den Veränderungen ein grundsätzliches Risiko für die Existenz des Handlungsfeldes Jugendinformation in Dresden sowie für die in den Prozessen der Jugendhilfeplanung verankerten Aufgaben und Ziele des JugendInfoService. Kießling bat um eine Darstellung der bisherigen und künftigen Angebotsstruktur des JugendInfoService.

Der Jugendhilfeausschuss gab einem Antrag zur Verstetigung eines bislang aus Landesmitteln geförderten Modellprojektes zur Schaffung inklusiver Kindertageseinrichtungen mehrheitlich seine Zustimmung. Die Erfahrungen und Erkenntnisse aus der Modellphase des Programms „Eine Kita für Alle – Inklusion in Kindertagesstätten“ sollen in Handlungsempfehlungen dokumentiert und allen Dresdner Kindertageseinrichtungen zur Verfügung gestellt werden. Der Modellstandort in der Dresdner Rietschelstraße soll als Konsultationseinrichtung allen Trägern zur Beratung und Begleitung zur Verfügung stehen.

In der Informations- und Fragestunde unterrichtete Betriebsleiterin Sabine Bibas über eine Stellenausschreibung für kommunale Kindertageseinrichtungen, in der ausdrücklich Assistenzkräfte gesucht werden. Bibas führte aus, dass sich die Bewerberlage zunehmend verschlechtert und man sich nun gezwungen sieht, andere Wege zu gehen. Die Kräfte sollen in befristeten Arbeitsverhältnissen ausschließlich in Kinderkrippen zum Einsatz kommen und erhalten bei entsprechender Eignung das Angebot zur Teilnahme an einer berufsbegleitenden Ausbildung zur / zum ErzieherIn. Während sich die Stadt aus fachlicher Sicht bislang ablehnend zur bereits seit einigen Jahren bestehenden Möglichkeit des Einsatzes von Assistenzkräften verhalten hatte, sehe man nun keine andere Möglichkeit, den Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt zu begegnen. Das Vorgehen des städtischen Eigenbetriebes sorgte bei den Ausschussmitgliedern mit Blick auf die Wahrung des Fachkräftegebotes nicht unbedingt für Begeisterung, wie mehrere Nachfragen belegten.
Carsten Schöne mahnte zum wiederholten Male die Einbringung der Beschlussvorlage zur Neuregelung der Fachleistungsstunden für Hilfen zur Erziehung an und verwies auf erhebliche rechtliche und organisatorische Probleme freier Träger, die mit der Beschlussvorlage eine Lösung erfahren könnten. Entsprechend eines Beschlusses des Jugendhilfeausschusses sollte die Neuregelung der Fachleistungsstunden dem Jugendhilfeausschuss bereits bis zum 15.09.2016  zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt werden. Außerdem kritisierte Schöne oberflächliche Ausführungen des Jugendamtes zur Obdachlosigkeit junger Menschen und kritisierte die anhaltende Verzögerungstaktik bei der Vorlage eines Konzeptes für Vereinsvormundschaften.

An der Sitzung des Jugendhilfeausschusses nahm erstmals auch der neue Bürgermeister für Bildung und Jugend, Hartmut Vorjohann, teil, in dessen Zuständigkeit neben dem Schulverwaltungsamt das Jugendamt, das Amt für Kindertagesbetreuung sowie der Eigenbetrieb Kindertageseinrichtungen seit dem 01.01.2017 gehören.

Die Jugendamtsinformationen Nr. 11/2016 und Nr. 1/2017 gibt es hier als Download.

Die nächste Sitzung des Jugendhilfeausschusses findet am 02.02.2017 statt.

Hinweis: Die Informationen zu Beschlüssen stehen unter dem Vorbehalt der Erlangung der Rechtskraft der Beschlüsse. Bei dieser Veröffentlichung handelt es sich um eine persönliche Wiedergabe der Ausschusssitzung, die durch meine Mitgliedschaft in diesem Gremium durchaus subjektive Betrachtungen enthalten kann und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Ich bitte um Verständnis.

Redaktion: Carsten Schöne

 

Die Tagesordnung im Überblick:

  1. Kontrolle der Niederschrift vom 10. November 2016
  2. Vorstellung des Konzeptes “Jugendberatungscenter”
  3. Berichterstattung zur Befragung unbegleitete ausländische Minderjährige In Dresden
  4. Informationen/Fragestunde
  5. Handlungsempfehlungen zum Modellprojekt „Eine Kita für Alle – Inklusion in Kindertagesstätten” in Dresden (A0272/16)
  6. Berichte aus den Unterausschüssen
  7. Informationen (nicht öffentlich)