Kostensteigerungen, eine deutliche Erhöhung der Fallzahlen sowie komplexere Hilfebedarfe führen auch in diesem Jahr zu einem finanziellen Mehrbedarf in den Erziehungshilfen. Der Jugendhilfeausschuss hat hierzu einer Beschlussvorlage mit Änderungen und Ergänzungen mehrheitlich seine Zustimmung gegeben.

Insgesamt sind reichlich 22,3 Millionen Nachschlag im Budget erforderlich, die teilweise aus Steuermehreinnahmen und erwarteten Landesmitteln finanziert werden. Als weitere Deckungsquelle sah die Beschlussvorlage das Budget zur Förderung freier Träger der Jugendhilfe vor, was mehrere Ausschussmitglieder scharf kritisierten. Insbesondere die Deklaration des Deckungsbetrages in Höhe von 881.000 Euro als „Minderaufwendungen“ in der Förderung wurde als Provokation gewertet. Die Mittel seien mit dem Förderbeschluss im März 2023 vollständig mit einer Zweckbindung versehen worden. Dass sie noch nicht ausgegeben werden konnten, ist in erster Linie der verhängten Haushaltssperre, aber auch der in diesem Jahr sehr schleppenden Bearbeitung der Zuwendungsbescheide im Jugendamt zu verdanken. Wie Kevin Görden für die Verwaltung ausführte, verblieben ausreichend Mittel im Förderbudget, um die ausstehenden Zuwendungsbescheide und mögliche Widerspruchsverfahren zu bedienen. Tilo Kießling äußerte Zweifel daran, dass die Mittel auch im nächsten Jahr zur Verfügung stehen, da er einen Fortbestand der Haushaltssperre in 2024 befürchtet. Anett Dahl verwies auf die gesetzlich vorgeschriebene Vorhaltung von Mitteln für unvorhersehbare Bedarfe in der Jugendhilfe, die mit der beabsichtigten Entnahme der Mittel aus dem Förderbudget nicht mehr gegeben sei. Carsten Schöne kritisierte die extrem schleppende Erstattung der Kosten für die Betreuung unbegleiteter ausländischer Minderjährige durch den Freistaat Sachsen, allein für das Jahr 2021 hat die Stadt mehrere Millionen Euro Außenstände zu verzeichnen. Mit einem zusätzlichen Beschlusspunkt wird der Oberbürgermeister nunmehr beauftragt, die Abrechnungsprozesse für diese Leistungen innerhalb des Jugendamtes zu beschleunigen und auf eine zeitnahe Erstattung der Mittel beim Land einzuwirken. Außerdem beschloss der Jugendhilfeausschuss auf Vorschlag von Tilo Kießling mehrheitlich, dass als Deckungsquelle nicht das Förderbudget, sondern die durch die Haushaltssperre insgesamt im städtischen Haushalt freiwerdenden Mittel verwandt werden. Somit könnte eine Aushöhlung des Beschlussrechtes des Jugendhilfeausschusses vorgebeugt werden. Abschließend wird der Stadtrat über die Vorlage entscheiden.

Eingangs der Sitzung verabschiedete Oberbürgermeister Dirk Hilbert Melanie Hörenz-Pissang, die nach 18 Jahren auf eigenen Wunsch aus dem Jugendhilfeausschuss ausschied. Seit Beginn der laufenden Legislatur war sie auch stellvertretende Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses. Als Nachfolger für den stellvertretenden Vorsitz wurde Carsten Schöne gewählt. Als Nachfolgerin für den stimmberechtigten Sitz des Kulturbüro Dresden wählte der Stadtrat kürzlich Maike Limprecht, die auch als Nachfolgerin für Hörenz-Pissang in den Unterausschuss Planung gewählt wurde.

In der Informations- und Fragerunde informierte die Verwaltung über den aktuellen Stand bei der Erstellung der diesjährigen Zuwendungsbescheide, derzeit sind immer noch 40 Bescheide ausstehend. Bei der Aufnahme unbegleiteter ausländischer Minderjähriger sei erstmals ein leichter Rückgang zu verzeichnen, der jedoch vorwiegend auf die Vermittlung in andere Gebietskörperschaften zurückzuführen sei. Er appellierte erneut an die freien Träger, Kapazitäten in der stationären Jugendhilfe bereitzustellen.

Reinhard Fries kritisierte den Ausfall einer Dankeschön-Veranstaltung für Pflegeeltern auf Grund der Haushaltssperre. Der finanzielle Aufwand hätte sich mit etwa 1.000 Euro in Grenzen gehalten, eine wichtige Form der Wertschätzung gegenüber den zahlreichen Pflegeeltern sei damit in diesem Jahr weggefallen.

Nadine Schaffrath von der Dresdner Polizeidirektion berichtete zur Tätigkeit der Sonderkommission „Iuventus“ zur Bekämpfung der Jugendkriminalität in Dresden. Gegenwärtig verzeichnet die Polizei einen Rückgang der Raubstraftaten, denen vor allem Kinder und Jugendliche zum Opfer gefallen waren. Die Täterschaft sei ausschließlich männlich, habe häufig einen Migrationshintergrund und sei wie die Opfer zwischen 12 und 18 Jahren alt. 182 Täter wurden bislang ermittelt und erste Verfahren auch bereits abgeschlossen. Schaffrath widersprach der öffentlichen Wahrnehmung, dass es sich um „Bandenkriminalität“ handelt, die Tätergruppen seien heterogen und fänden sich häufig spontan zusammen. Auch sei keine Konzentration auf bestimmte Stadtteile feststellbar, die Fälle erstrecken sich fast über das gesamte Stadtgebiet. Die Polizei bemüht sich mit einem Präventionsangebot um Information und Aufklärung mit dem Ziel, weitere Straftaten zu verhindern und potenziellen Opfern Anregungen für einen geeigneten Umgang mit einer solchen Situation zu vermitteln. Hierzu ist sie bereits an sechs Schulen präsent. Das Jugendamt plant einen Fachtag zur Thematik im März kommenden Jahres.

Die Leiterin des Dresdner Amtes für Schulen, Dr. Katrin Düring, informierte den Jugendhilfeausschuss über die Erarbeitung und Umsetzung eines Konzeptes zur Schulhoföffnung für die Freizeitgestaltung junger Menschen im Stadtgebiet. Das stadtweite Konzept beinhaltet ein Verfahren zur Prüfung der Objekte, ob sich diese für eine Öffnung eignen und welche ggf. baulichen Maßnahmen zuvor erforderlich sind. Mit einem Pilotprojekt soll zunächst an sechs Schulstandorten ein Praxisversuch unternommen werden, die Ergebnisse sollen in das Konzept einfließen, so dass dieses ab 2027 stadtweit zur Anwendung kommen kann. Das Schulamt nimmt Bereitschaftserklärungen zur Mitwirkung von Schulen ebenso entgegen, wie Vorschläge aus der Bevölkerung zu möglichen Standorten.

Der Jugendhilfeausschuss beschloss die Etablierung von Angeboten der Schulsozialarbeit an weiteren vier Schulen. Nach erfolgtem Auswahlverfahren hatte ein Träger seine Bewerbung zurückgezogen, so dass in der 14. Grundschule nunmehr der zweitplatzierte Träger zum Zug kommt. In einem Redebeitrag von Manja Hohlfeld vom Kinderland Sachsen e. V. wurde das angewandte Auswahlverfahren kritisiert. Es sei für die sich bewerbenden Träger nicht möglich, Informationen zur von der Verwaltung vorgenommenen Bewertung zu erhalten, wodurch das Verfahren als sehr intransparent wahrgenommen werde. Carsten Schöne stützte diese Einschätzung und mahnte eine umgehende Neuvorlage des überarbeiteten „Regionalen Gesamtkonzeptes für Schulsozialarbeit“ an. Die Entscheidung des Jugendhilfeausschusses stütze sich ausschließlich auf die Bewertung der Konzepte durch die Verwaltung und berücksichtige die Interessen der betroffenen Schulen nicht, so Schöne. Zum Zeitpunkt der Beratung des Beschlussantrages im Unterausschuss haben dessen Mitgliedern keine Informationen zu den Konzepten der interessierten Träger vorgelegen, diese wurden erst später nachgereicht. Schöne regte an, vor Verabschiedung des aktualisierten Gesamtkonzeptes keine weiteren Angebote zu schaffen.

Außerdem stimmte der Ausschuss mehrheitlich einer Beschlussvorlage zur Förderung von Anschaffungen und Baumaßnahmen in freien Kindertageseinrichtungen sowie zur Erweiterung der Vereinsvormundschaften von derzeit 60 auf künftig 100 Mündel zu. Auch der Planungsbericht für den Stadtbezirk Klotzsche und die nördlichen Ortschaften fand eine Mehrheit im Jugendhilfeausschuss.

Die nächste Sitzung des Jugendhilfeausschusses findet am 30.11.2023 statt.

Hinweis: Die Informationen zu Beschlüssen stehen unter dem Vorbehalt der Erlangung der Rechtskraft der Beschlüsse. Bei dieser Veröffentlichung handelt es sich um eine persönliche Wiedergabe der Ausschusssitzung, die durch meine Mitgliedschaft in diesem Gremium durchaus subjektive Betrachtungen enthalten kann und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Ich bitte um Verständnis.

Carsten Schöne


Die Tagesordnung

1.Kontrolle der Niederschrift vom 24. August 2023
2. Wahl der Stellvertreterin/des Stellvertreters des Vorsitzenden des Jugendhilfeausschusses
3.Umbesetzung Unterausschuss Planung
4.Informationen/Fragestunde
4.1.Stand und Perspektiven der Bekämpfung von Jugendkriminalität in der LHD
4.2.Sachstand Schulhoföffnung
5.Planungsrahmen der Kinder- und Jugendhilfe in Dresden – Spezifischer Teil (Teil IV), hier: Planungsbericht Stadtraum 6 – Stadtbezirksamt Klotzsche und nördliche OrtschaftenV2251/23
6.Vergabe Zuschüsse für bewegliche Sachen des Anlagevermögens und für bauliche Maßnahmen im Jahr 2023 an Träger der freien Jugendhilfe von Kindertageseinrichtungen (2. Förderrunde)V2263/23
7.Etablierung von Schulsozialarbeit in der Landeshauptstadt Dresden nach Abschluss des InteressenbekundungsverfahrensA0497/23
8.Kapazitätserweiterung der Vereinsvormundschaften
9.Berichte aus den Unterausschüssen
10.Informationen (nicht öffentlich)
Nachtrag: 11.Überplanmäßige Mittelbereitstellung zur Finanzierung von Leistungen und Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII) – Kinder- und Jugendhilfe im Bereich der erzieherischen Hilfen 2023