Der Jugendhilfeausschuss hat gestern mit der Verabschiedung des „Regionalen Gesamtkonzeptes“ den Weg für die Einrichtung neuer Angebote der Schulsozialarbeit in insgesamt 18 Dresdner Schulen frei gemacht. Das Konzept trifft Aussagen zum jugendhilfeplanerischen Bedarf, beinhaltet ein Verfahren zur Festlegung der Personalausstattung in den Projekten und regelt das weitere Verfahren zur Übertragung der Angebote an freie Träger der Jugendhilfe.
Die Träger können nach der Veröffentlichung eines entsprechenden Aufrufes im Dresdner Amtsblatt standortbezogene Anträge auf Förderung beim Jugendamt einreichen. Die Auswahl der Träger erfolgt auf der Grundlage des am 13.04.2017 verabschiedeten Verfahrens durch Beschlussfassung des Jugendhilfeausschusses. Dem „Regionalen Gesamtkonzept“ sind die ausgewählten Schulstandorte sowie die jeweils vorgesehene Personalausstattung zu entnehmen. Letztere orientiert sich an Bedarfskriterien wie soziale Belastungsfaktoren in den Stadtteilen, Größe der Schule und Anteil von SchülerInnen mit Migrationshintergrund. Somit ergibt sich je Standort eine Personalausstattung zwischen 1,0 und 2,0 Vollzeitäquivalenten. Mit der Beschlussfassung zur Trägerauswahl wird am 24.08.2017 gerechnet. Damit können die Angebote zwar nicht zum Schuljahresbeginn ihre Arbeit aufnehmen, dem Jugendhilfeausschuss war jedoch die Anwendung eines qualifizierten Verfahrens wichtig. Die Verzögerung ist auch der Tatsache geschuldet, dass die Verwaltung eine Befassung des Jugendhilfeausschusses mit dem Gesamtkonzept offenbar nicht vorgesehen hatte, der Ausschuss jedoch mit Blick auf die entsprechenden Regelungen im SGB VIII hierauf bestand.
Der Jugendhilfeausschuss lehnte jeweils einstimmig eine Vorlage der Verwaltung zur Neufassung der Elternbeitragssatzung ab. Diese Satzung sollte die Erstattung von Elternbeiträgen und die Zahlung von Mehraufwendungen der Eltern für die Inanspruchnahme einer Ersatzbetreuung insbesondere im Streikfall regeln. Der Vorlage gelang es jedoch nicht, die vom Stadtrat geforderte Gleichbehandlung aller Eltern – in Einrichtungen in öffentlicher und freier Trägerschaft – zu regeln. Die Verwaltung darf eine solche Regelung für freie Träger mit Verweis auf ein Gerichtsurteil nicht erlassen. Die Vorlage sah auch die Bildung eines Risikofonds für diese möglichen Erstattungsansprüche vor, die jedoch aus Mehreinnahmen aus den Elternbeiträgen finanziert werden sollte. Hierzu hatte die Verwaltung Mehreinnahmen in Höhe von 416.000 Euro für die geplante Beitragserhebung für das dritte Zählkind kalkuliert. „Dies führe dazu, dass die Eltern, die ihre Kinder in freien Einrichtungen betreuen lassen, die Erstattung der Elternbeiträge der kommunalen Kitas im Streikfall finanzieren, obwohl sie selbst eher selten in den Genuss dieser Regelungen kämen“, so Carsten Schöne. Somit lehnte der Jugendhilfeausschuss auch die Einführung einer Beitragspflicht für das dritte Zählkind mit Verweis auf eine drohende familienpolitische Fehlentscheidung ab.
Die auf Antrag der im Jugendhilfeausschuss vertretenen freien Träger der Jugendhilfe vorgetragene Stellungnahme des Jugendamtes zum Rechnungsprüfungsbericht 2015 führte zu einer längeren Debatte. Die vom Bildungsbürgermeister Hartmut Vorjohann vorgestellte Stellungnahme befasste sich zunächst kurz mit den festgestellten Mängeln innerhalb der Verwaltung, wie beispielsweise einem fehlenden zentralen Förderungsmanagement und veraltete Richtlinien. Wesentlich umfangreicher wurden Vorjohanns Ausführungen zu den Prüfbegehren der Stadt bei freien Trägern. Im Prüfbericht wird den freien Trägern unterstellt, sie seien es „offenbar nicht gewohnt, sich umfassenden Prüfungen gemäß den zuwendungsrechtlichen Bestimmungen zu stellen“. Einem Träger wird vorgeworfen, sich der Prüfung „verweigert“ zu haben, tatsächlich hat der Träger in Ermangelung einer entsprechenden Rechtsgrundlage lediglich die Übergabe der „Gewinn- und Verlustrechnung“ abgelehnt. Alle für den zu prüfenden Zuwendungsprozess erforderlichen Unterlagen hatte der Träger jedoch zur Verfügung gestellt. Carsten Schöne erklärte, dass es für eine solche Tiefenprüfung bei einem freien Träger unter Einbeziehung der Gesamtbilanz durch das Rechnungsprüfungsamt gemäß Sächsischer Gemeindeordnung an einer Rechtsgrundlage mangele. Er betonte, dass sich wohl kein freier Träger einer Prüfung entziehen wird, so lange diese auf einer eindeutigen Rechtsgrundlage stattfindet. Bürgermeister Vorjohann warf Schöne daraufhin „Paragrafenreiterei“ vor und warb für eine uneingeschränkte Bereitschaft für Prüfungen aller Art. Das offenbar mangelnde Verständnis Vorjohanns für die Anliegen der freien Träger nach Rechtssicherheit kommentierte Tilo Kießling mit den Worten „der Bürgermeister ist noch nicht in der Jugendhilfe angekommen“.
Auf Nachfrage erklärte die Verwaltung, dass die Richtlinien in Auswertung des Prüfberichtes nun überarbeitet und benannte Mängel in der Verwaltung abgestellt werden sollen.
Der Jugendhilfeausschuss gab in weiteren Tagesordnungspunkten einer Vorlage zur Fortschreibung des kommunalen „Aktionsplans zur Umsetzung UN-Behindertenrechtskonvention“ mit der ergänzenden Empfehlung zur Einrichtung einer „Inklusionsfachstelle“ seine Zustimmung und befürwortete überdies die Bezuschussung einer Baumaßnahme auf dem Kinder- und Jugendbauernhof Nickern, die zu großen Teilen aus Stiftungsmitteln finanziert wird, aber eben auch einen städtischen Anteil in Höhe von 144.000 Euro erfordert. Diese Mittel werden nicht aus dem Jugendhilfebudget aufgebracht, der Ausschuss schloss auch eine Finanzierung etwaiger Folgekosten aus Mitteln der Jugendhilfe aus. Außerdem beschloss der Ausschuss die Förderung freier Träger hinsichtlich eingereichter Nachanträge.
In erster Lesung wurde eine Vorlage zur Vergabe investiver Zuschüsse an Träger von Kindertageseinrichtungen sowie ein „Konzept zur Verbesserung der Personalausstattung in Kindertageseinrichtungen für Krankheitsfälle und konkrete Bedarfslagen“ eingebracht. Hintergrund für die Erstellung des Konzeptes ist die im Haushaltsbeschluss verankerte Bereitstellung von 25 Personalstellen für SpringerInnen in Kindertageseinrichtungen. Da diese Idee praktisch nur schwer umsetzbar erscheint, soll das finanzielle Budget dieser 25 Personalstellen nun in zweckgebundene Pauschalzuwendungen umgewandelt werden, aus denen die Träger Maßnahmen ihrer Wahl zum Ausgleich von Personalausfällen finanzieren können.
Die Vorlage zur Einrichtung einer Elternberatungsstelle im Bereich der Kindertagesbetreuung wurde vertagt und erneut in den Unterausschuss Kita verwiesen.
Die nächste Sitzung des Jugendhilfeausschusses findet am 08.06.2017 statt.
Hinweis: Die Informationen zu Beschlüssen stehen unter dem Vorbehalt der Erlangung der Rechtskraft der Beschlüsse. Bei dieser Veröffentlichung handelt es sich um eine persönliche Wiedergabe der Ausschusssitzung, die durch meine Mitgliedschaft in diesem Gremium durchaus subjektive Betrachtungen enthalten kann und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Ich bitte um Verständnis.
Redaktion: Carsten Schöne
Die Tagesordnung im Überblick:
- Kontrolle der Niederschrift vom 30.03.2017 und 13.04.2017
- Besetzung stellvertretender Vorsitz im Unterausschuss Hilfen zur Erziehung
- Informationen/Fragestunde
- Fortschreibung des Aktionsplans der Landeshauptstadt Dresden zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (V1492/16)
- Satzung zur Änderung der Elternbeitragssatzung vom 15. Mai 2014 (V1565/17)
- Festsetzung der Elternbeiträge ab dem 1. September 2017 nach Vollzug des Abstimmungsverfahrens nach § 15 Abs. 1 SächsKitaG i. V. m. § 2 Abs. 2 der Satzung der Landeshauptstadt Dresden über die Erhebung von Elternbeiträgen (Elternbeitragssatzung) (V1438/16)
- Konzept zur Verbesserung der Personalausstattung in Kindertagesstätten für Krankheitsfälle und konkrete Bedarfslagen (V1619/17 – 1. Lesung)
- Konzept zur Betreibung einer Beratungsstelle für Eltern, deren Kinder Angebote der Kindertagesbetreuung wahrnehmen (V1618/17)
- Vergabe Zuschüsse für bewegliche Sachen des Anlagevermögens und für bauliche Maßnahmen im Jahr 2017 an Träger der freien Jugendhilfe von Kindertageseinrichtungen (1. Förderrunde 2017) (V1628/17 – 1. Lesung)
- Regionales Gesamtkonzept zur Weiterentwicklung der Schulsozialarbeit in der Landeshauptstadt Dresden (A0318/17)
- Förderung von Trägern der freien Jugendhilfe 2017/2018 (A0319/17)
- Rechnungsprüfungsbericht 2015 – Beschluss und Berichterstattung (A0308/17)
- Sanierung des ehemaligen Wohnhauses zum Kinderbauernhaus auf dem Kinder- und Jugendbauernhof Nickern (A0297/17)
- Berichte aus den Unterausschüssen
- Informationen (nicht öffentlich)