Der Jugendhilfeausschuss benötigte am vergangenen Donnerstag 45 Minuten zur Verabschiedung der Tagesordnung. Hintergrund war einerseits ein Eilantrag der CDU-Fraktion zur Einrichtung eines “Runden Tisches” zur Neugestaltung der Kita-Satzung der Landeshauptstadt Dresden. Anlass hierfür gibt ein Gerichtsurteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichtes, das die städtische Kita-Satzung für unwirksam erklärt hatte. Eine Eilbedürftigkeit konnte jedoch nicht festgestellt werden, weshalb das Thema erst in der nächsten Jugendhilfeausschusssitzung behandelt wird.
Eine in der Tagesordnung angekündigte nichtöffentliche Beratung zur Einleitung rechtlicher Schritte der Stadt gegen ein weiteres Gerichtsurteil, sollte nach dem Willen des betroffenen Jugendhilfeausschussmitgliedes, Tilo Kießling, in öffentlicher Sitzung behandelt werden. Kießling hatte gegen die mehrfach durch den Jugendhilfeausschuss festgestellte Befangenheit seiner Person zu Belangen des Jugendvereins “Roter Baum” e. V. erfolgreich geklagt. In nichtöffentlicher Sitzung gab der Jugendhilfeausschuss dem Ansinnen Kießlings nach Herstellung der Öffentlichkeit für den o. g. Tagesordnungspunkt nicht statt, so dass in nichtöffentlicher Sitzung beraten wurde.
In der Informations- und Fragestunde informierte zunächst Sabine Bibas von Eigenbetrieb Kindertageseinrichtungen zum o. g. Urteil zur Kita-Satzung. Die schriftliche Urteilsbegründung des Oberverwaltungsgerichtes liegt noch nicht vor, so dass Stellungnahmen der Stadtverwaltung derzeit nicht möglich seien. Bibas erläuterte, dass das Gericht die Satzung in Gänze für unwirksam erklärt habe. Betroffen hiervon seien in der Außenwirkung zunächst nur jene Familien, deren Kinder in städtischen Kitas betreut werden. Derzeit kann der Eigenbetrieb keine neuen Bescheide an Eltern verschicken, so dass man auf alternative Betreuungsvereinbarungen ausweichen muss. Die Einrichtungen freier Träger der Jugendhilfe sind hiervon nicht betroffen, da hier ohnehin privatrechtliche Betreuungsverträge angeschlossen werden.
Christoph Stolte stellte klar, dass sich die Klage der freien Träger gegen die Satzung, anders als in den Medien dargestellt, nicht auf die Öffnungszeiten freier Kitas bezog, sondern einer Prüfung der inhaltlichen Einflussnahme der Stadt mittels Satzung auf die pädagogische Arbeit der freien Träger dienen sollte. Stolte betonte, dass es um die Fortsetzung einer guten Zusammenarbeit zwischen öffentlichem und den freien Trägern der Jugendhilfe geht. Patrick Schreiber verwies nochmals auf den Wunsch nach Einrichtung eines “Runden Tisches” zum Thema und stellte in seinen Ausführungen das im SGB VIII verankerte Subsidiaritätsprinzip in Frage. Dies wiederum regte Christoph Stolte zu dem Vorschlag an, die Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips in Dresden als Fachthema im Jugendhilfeausschuss zu behandeln. Zum Umgang mit Gerichtsurteilen forderte Roland Wirlitzsch die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses auf, innerhalb des Fachausschusses selbst nach politischen Lösungen zu suchen, als zunehmend öfter auf eine gerichtliche Lösung inhaltlicher Fragen zu setzen. Eine Mitteilung des Oberverwaltungsgerichtes zum Urteil finden Sie hier: www.justiz.sachsen.de/ovg/download/Kita.pdf.
Jugendamtsleiter Claus Lippmann informierte darüber, dass reichlich 95 Prozent der Zuwendungsbescheide an freie Träger im Bereich der Kinder-, Jugend- und Familienarbeit versandt wurden.
Lippmann stellte weiterhin dar, dass die Verwaltung den Beitritt zur Landeskommission zur Verhandlung der Leistungsvereinbarungen im Bereich der Hilfen zur Erziehung nicht weiter verfolgen wird. Der Beitritt zur Landeskommission sollte ursprünglichen Informationen im vergangenen Jahr zufolge die Auflösung der entsprechenden Geschäftsstelle im Jugendamt nach sich ziehen. Jens Hoffsommer kritisierte die Vorgehensweise der Verwaltung scharf. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Verwaltung erst die Auflösung der Geschäftsstelle bekannt gegeben hat, obwohl dieser Vorgehensweise keine demokratische Legitimation zu Grunde lag. Hierin sieht Hoffsommer eine “Ignoranz gegenüber einem Stadtratsbeschluss”, der die Einrichtung der Geschäftsstelle zum Gegenstand hatte. Christoph Stolte hält den Rückzug für eine “kluge Entscheidung der Verwaltung” und sprach von einem “Chaos”, das nach Auflösung der Geschäftsstelle dazu führte, dass monatelang keine Verhandlungstermine an freie Träger vergeben wurden.
Claus Lippmann wies Aussagen zu einer “Auflösung” der Geschäftsstelle zurück und sprach lediglich von “Neustrukturierungen”, die einer “Verbesserung der Qualität der Geschäftsstelle” dienen sollen. Die Geschäftsstelle sei arbeitsfähig und zwischenzeitliche personelle Probleme hätten keinen Bezug zur strukturellen Entwicklung der Geschäftsstelle. Tilo Kießling übte ebenfalls Kritik und betonte, dass die Auflösung der Geschäftsstelle, anders als dargestellt, öffentlich bekannt gegeben worden sei.
Im weiteren Verlauf erkundigte sich Melanie Hörenz, ob ein von Barbara Lässig erwirktes Gerichtsurteil zu den Beantwortungsfristen für Stadtratsanfragen auch für die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses gelte. Sozialbürgermeister Martin Seidel erklärte, die rechtliche Bindung beziehe sich nur auf Stadträte und somit nicht auf die VertreterInnen freier Träger im Jugendhilfeausschuss. Allerdings sollte die Verfahrensweise nach Seidels Auffassung auch für die Jugendhilfeausschussmitglieder entsprechend umgesetzt werden. Wie Barbara Lässig ausführte, verpflichtet das Urteil zu einer abschließenden Beantwortung von Stadtratsanfragen innerhalb von längstens sechs Wochen. Nach zwei Wochen habe die anfragende Person Anspruch auf eine Zwischennachricht.
Auf Nachfrage Jens Hoffsommers zur Trägerschaft für die Kita in Dresden-Weißig bestätigte Sabine Bibas, dass die Verwaltung an der Betreibung der Kita durch den Verein Malwina beschlusskonform festhalte.
Im folgenden Tagesordnungspunkt stellte Sabine Mamedowa die Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Sport vor. Die gegenseitige Akzeptanz und Zusammenarbeit habe sich in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt. Die Implementierung sportlicher Angebote in die offene Kinder- und Jugendarbeit habe vor allem die Funktion, gesellschaftliche Teilhabe und sportliche Betätigung ggf. benachteiligter junger Menschen zu ermöglichen. Gleichzeitig haben sich auch Freizeit-, Bildungs- und Unterstützungsangebote in Sportvereinen positiv entwickelt. Der bereitgestellte Fonds für die Nutzung kommunaler Sportstätten und der Fonds “Sport bewegt Jugend” werden sehr gut genutzt und bedürfen perspektivisch einer Aufstockung.
In der anschließenden Diskussion sprach Barbara Lässig erneut von einer finanziellen Ungleichbehandlung von Jugendhilfe- und Sportvereinen. In der Jugendarbeit würden sportliche Angebote kostenlos zugänglich gemacht, während in den Sportvereinen für die Angebote und / oder Vereinsmitgliedschaften zu bezahlen sei. Mehrere Ausschussmitglieder wiesen diesen Verdacht der Ungleichbehandlung zurück und betonten die unterschiedlichen Ziele und Zugänge in Jugendarbeit und Sport.
Anschließend stellte Claus Lippmann den 1. Dresdner Kinderschutzbericht vor, der zahlreiche Aktivitäten der Landeshauptstadt in Prävention und Intervention zum Schutz des Kindeswohls enthält. Auch eine Reihe statistischer Informationen zum Thema befinden sich im Bericht. Der Bericht wurde einstimmig verabschiedet.
Ein Antrag der Fraktionen der Linkspartei und der Grünen zur Sicherstellung der bisherigen Essengeldzuschüsse beim Mittagessen in Horten, erzeugte eine angeregte Debatte im Jugendhilfeausschuss. Die Zuschüsse waren bislang aus dem so genannten “Bildungs- und Teilhabepaket” der Bundesregierung finanziert worden, was vom Freistaat als nicht rechtskonform kritisiert wurde. Die Landeshauptstadt hatte in der Folge die Unterstützungsleistung eingestellt.
Die folgende Debatte war dann eher von persönlichen als von sachlichen Argumentationen geprägt, die teilweise das Unterstützungssystem für Bedürftige in Frage stellten. Gleichzeitig bedurfte es der Erläuterung Jens Hoffsommers, dass Horte gemäß SGB VIII Kindertageseinrichtungen sind und somit die von den Antragstellern geforderte Gleichbehandlung begründet ist. In Kindertageseinrichtungen erhalten Familien die Essengeldzuschüsse unabhängig davon, ob Ferien sind oder nicht. Die Debatte hatte abweichende Ansichten zur rechtlichen Zuordnung von Horten zu Tage gefördert. Hoffsommer kritisierte zugleich das Vorgehen des Freistaates, nachträglich Änderungen in der Verwendung der Teilhabepaket-Mittel zu verfügen. Der Antrag wurde nach einstündiger Debatte vertagt.
In den Berichten aus den Unterausschüssen wies Melanie Hörenz auf die laufende Überarbeitung der Förderrichtlinie hin, die jedoch wegen unklarer rechtlicher Beurteilung ins Stocken geraten sei und somit die aktive Mitwirkung des städtischen Rechtsamtes erfordere. Im Ergebnis sollen nach derzeitigem Stand Förderrichtlinie und Verwaltungsordnung zur Ermessensbindung zusammengefasst werden.
Die nächste reguläre Sitzung des Jugendhilfeausschusses findet am 25.04.2013 statt. Informationen zur Tagesordnung finden Sie unter www.fachkraefteportal.info/jha.
Hinweis: Alle Informationen zur Jugendhilfeausschusssitzung erfolgen unter dem Vorbehalt der Erlangung der Rechtskraft gefasster Beschlüsse.
Redaktion: Carsten Schöne