Als “Entscheidung zwischen Gift und Galle” bezeichnete Carsten Schöne die gestrige Beschlussfassung zur Finanzierung der weiteren Jugendhilfeplanungsprozesse in Dresden. Die ursprüngliche Vorlage der Verwaltung sein rechtlich und inhaltlich keine geeignete Grundlage für eine Fortsetzung der Planungskonferenzen gewesen und ein Abbruch der Planungsprozesse nur mit einem eher faulen Kompromiss zu verhindern, so Schöne. Der gestrige Beschluss sieht vor, mit Mitteln aus dem Budget zur Förderung freier Träger nunmehr die Projektschiede Dresden gGmbH mit Realisierung der ausstehenden Planungskonferenzen zu beauftragen. Damit gehen zwar Mittel für die unmittelbare Arbeit mit jungen Menschen zu Lasten einer originären Verwaltungsaufgabe verloren, dennoch kann auf eine Fortsetzung des Planungsprozesses nicht verzichtet werden. Dies ist auch mit Blick auf die im kommenden Jahr notwendige Fortschreibung des Teilfachplans nicht zu verantworten. Die Stadtverwaltung ist gleichzeitig aufgefordert, im kommenden Doppelhaushalt für eine ausreichende Finanzausstattung des Jugendamtes für die Jugendhilfeplanung zur sorgen.
Zuvor hatte der Jugendhilfeausschuss nach dem Ausscheiden von Jens Hoffsommer aus dem Gremium einen neuen stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Jan Güldemann (Kindervereinigung Dresden e. V.) erhielt in der Wahl die absolute Mehrheit. Oberbürgermeister Dirk Hilbert, der die Jugendhilfeausschusssitzung gestern erstmals leitete, gratulierte Güldemann und wünschte sich eine gute Zusammenarbeit. Tina Siebeneicher rückt für Jens Hoffsommer in den Unterausschuss HzE nach.
In der Informations- und Fragestunde informierte Dr. Peter Kühn namens der Steuerungsgruppe Jugendhilfeplanung über die Auswertung der so genannten Wirkungsradiusanalyse, bei der weiterhin Verzögerungen festzustellen sind. Ein Konzept zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in der Jugendhilfeplanung wird nach durchgeführten Workshops derzeit erstellt und demnächst vorgestellt. In Kürze erfolgt eine Veröffentlichung begleitender Dokumente im Fachkräfteportal des JugendInfoService (www.fachkraefteportal.info), u. a. zur Zeitplanung, zum Sachberichtswesen und zur Beteiligung.
Sabine Bibas vom Eigenbetrieb Kindertageseinrichtungen informierte den Ausschuss mit Hinweis auf die erlassene Haushaltssperre über die Streichung der geplanten 6. Elternbefragung und von Fachtagen. Im Bundesprogramm “Willkommenskitas” sind drei kommunale Kindertageseinrichtungen, darunter ein Hort, aufgenommen worden. Zur Betreuung von Kindern aus Asylsuchenden- und Flüchtlingsfamilien führte Bibas aus, dass man im kommenden Jahr von etwa 250 zu betreuenden Kindern ausgeht.
Jugendamtsleiter Claus Lippmann kündigte dem Jugendhilfeausschuss einen Bericht zur geschlossenen Unterbringung von jungen Menschen aus Dresden in der “Haasenburg” an. Die Einrichtung in Brandenburg war wegen teils gewalttätigen Übergriffen auf die Klientel geschlossen worden, der Dresdner Jugendhilfeausschuss hatte um eine Untersuchung durch das Jugendamt gebeten.
Weiter führte Lippmann aus, dass die Stadt Dresden die Landesrichtlinie “Integrative Maßnahmen” für Flüchtlinge und Asylsuchende in Anspruch nehmen möchte und entsprechende Anträge vorbereitet. Zur Förderung von Angeboten freier Träger sind für das Jahr 2016 Anträge mit einem Volumen von 3,2 Millionen Euro eingegangen. Dabei handelt es sich um Anträge die von der im Frühjahr beschlossenen zweijährigen Förderung abweichen.
Unter Bezugnahme auf eine Information des bisherigen Sozialbürgermeisters Martin Seidel erkundigte sich Carsten Schöne nach dem Arbeitsstand zur Schaffung einer zentralen Unterbringungseinrichtung für unbegleitete ausländische Minderjährige (uaM). Nach Seidels Aussage plant die Stadt eine Einrichtung mit einer Gesamtkapazität von 180 Plätzen, von denen etwa 50 auf die Inobhutnahme entfallen. Die verbleibenden Plätze sollen für weiterführende Hilfen nach §§ 13 und 34 SGB VIII genutzt werden. Christoph Stolte und Carsten Schöne trugen fachliche Bedenken zum genannten Vorhaben vor, zu denen eine Diskussion allerdings nicht zugelassen wurde. Oberbürgermeister Hilbert lehnte weitere Ausführungen zum Thema mit Hinweis auf die demnächst zu behandelnde Vorlage ab.
Christoph Stolte informierte zur Situation im Kinder- und Jugendhaus “Pixel” und dem dazugehörigen Bauspielplatz. Bedingt durch den Abriss des Gebäudes sei auch der Spielplatz vorübergehend nicht nutzbar, allerdings wird der Träger alternative Angebote auf einer in der Nähe befindlichen Fläche unterbreiten.
Patrick Schreiber erkundigte sich nach den Grundlagen einer Tätigkeit von Streetworkern aus der Mobilen Jugendarbeit Dresden-Friedrichstadt im Umfeld der Flüchtlingserstaufnahmeeinrichtung Bremer Straße. Claus Lippmann stellte dar, dass die Streetworker für den Stadtteil zuständig wären und somit auch im Umfeld der Einrichtung tätig werden können.
Der Jugendhilfeausschuss beschloss ferner einen Nachschlag für die Förderung von ambulanten Maßnahmen im Bereich der Jugendgerichtshilfe in Höhe von 45.000 Euro für das laufende Jahr. Eine Entscheidung über den Mehrbedarf von 65.000 Euro im kommenden Jahr will der Jugendhilfeausschuss im Zusammenhang mit der Fördervorlage für 2016 befinden.
Einem Antrag zur Herstellung einer gesetzeskonformen Arbeitsfähigkeit im Jugendamt wurde einstimmig beschlossen. Der Antrag beruhte auf einer Information zu einer alarmierenden Personalsituation im Jugendamt, die das Jugendamt unlängst vorgelegt hatte. Demnach ist der Oberbürgermeister verpflichtet, sofort geeignete Maßnahmen zur Herstellung der Arbeits- und Handlungsfähigkeit zu ergreifen und hierzu regelmäßig Bericht zu erstatten.
In 1. Lesungen wurden noch weitere Vorlagen eingebracht, die nunmehr in den Unterausschüssen beraten werden (siehe Tagesordnung unten). Die Vorlage zur “Implementierung von Sozialraumteams” wurde vertagt. Der Tagesordnungspunkt 11 wurde wegen Unzuständigkeit des Jugendhilfeausschusses zurückverwiesen.
Die nächste reguläre Sitzung des Jugendhilfeausschusses findet am 01.10.2015 statt.
Hinweis: Die Informationen zu Beschlüssen stehen unter dem Vorbehalt der Erlangung der Rechtskraft der Beschlüsse. Bei dieser Veröffentlichung handelt es sich um eine persönliche Wiedergabe der Ausschusssitzung, die durch meine Mitgliedschaft in diesem Gremium durchaus subjektive Betrachtungen enthalten kann und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Ich bitte um Verständnis.
Redaktion: Carsten Schöne
Die Tagesordnung im Überblick:
- Kontrolle der Niederschrift vom 25. Juni 2015
- Informationen/Fragestunde
– Bericht Steuerungsgruppe - Wahl des stellvertretenden Vorsitzenden des Jugendhilfeausschusses
- Umbesetzung im Unterausschuss “Hilfen zur Erziehung”
- Jugendhilfeplanung – Implementierung Stadtraumteams (V0521/15)
- Anerkennung und Bewilligung von zusätzlichen Zuschüssen zur Betreibung des Hortes des Trägers Freie Alternativschule e. V. für das Haushaltsjahr 2015 (V0531/15) – 1. Lesung
- Anmietung einer neu zu schaffenden Kindertageseinrichtung nach Umbau und Sanierung des Gebäudebestandes auf einer Teilfläche der Liegenschaft Max-Schwan-Straße 1 in 01156 Dresden sowie Aufnahme der Kindertageseinrichtung in den Bedarfsplan der Landeshauptstadt Dresden und zur Übertragung an einen Träger der freien Jugendhilfe (V0534/15) – 1. Lesung
- Sicherstellung der Finanzierung zur Umsetzung der Jugendhilfeplanung für die Leistungsbereiche “Kinder-, Jugend- und Familienarbeit” und “Andere Aufgaben/Jugendgerichtshilfe” (§§ 11 bis 14,16 und 52 SGB VIII i. V. m. JGG) für den Zeitraum 2013 bis 2016 (V0553/15)
- Förderung von Trägern der freien Jugendhilfe 2015/2016 – Förderung von ambulanten, einzelfallbezogenen und präventiven Maßnahmen der Jugendhilfe im Strafverfahren / Jugendgerichtshilfe (V0590/15)
- Vergabe investiver Zuschüsse (Restmittel) für bewegliche Sachen des Anlagevermögens und für bauliche Maßnahmen im Jahr 2015 an Träger der freien Jugendhilfe von Kindertageseinrichtungen (V0594/15) – 1. Lesung
- Kostensatzveränderung aufgrund eines Trägerwechsels rückwirkend zum 1. Januar 2015 im Übergangswohnheim Mathildenstraße 15 (V0618/15)
- Herstellung der Arbeitsfähigkeit im Jugendamt (A0115/15)
- Berichte aus den Unterausschüssen
- Informationen (nicht öffentlich