© pixabay.comDer Jugendhilfeausschuss hat sich gestern mehrheitlich von den geplanten Regelungen zum Bettelverbot für Kinder distanziert. Per Beschluss wird der Stadtrat aufgefordert, Regelungen zu treffen, die im Kontext des Bettelns nicht nur eine ordnungsrechtliche sondern auch eine jugendhilferechtliche Betrachtung erfordert.

 

So müsse nach einer ursprünglichen Empfehlung des Unterausschusses das Kindeswohl im Vordergrund stehen und nicht eine ordnungsrechtliche Verfolgung der betroffenen Personen. In seinem gestrigen Beschluss lehnt der Jugendhilfeausschuss mehrheitlich ein pauschales Bettelverbot ab. Außerdem hält er es für unangemessen, die Folgen von Armut als „öffentliche Belästigung und Störung“ einzuordnen und fordert den Stadtrat auf, eine Korrektur der Textstruktur in der Polizeiverordnung vorzunehmen.
Ursprünglich hatten Ausschussmitglieder einen umfangreicheren Begleitbeschluss zur Polizeiverordnung vorgesehen, der geeignete Maßnahmen zum Umgang mit den bettelnden Personengruppen vorschlagen sollte, die dann auch einer Sicherung des Kindeswohls dienlich wären. Da jedoch der Ausschuss für Allgemeine Verwaltung, Ordnung und Sicherheit am vergangenen Montag bereits abschließend über die Polizeiverordnung abgestimmt hatte, ohne das Votum des Jugendhilfeausschusses abzuwarten, war eine solche Lösung nicht mehr möglich. Dieses Vorgehen kritisierten mehrere Ausschussmitglieder, man habe damit die Chance auf eine Lösung im Sinne der Betroffenen vertan. Carsten Schöne zeigte sich entsetzt und kritisierte die begleitende Öffentlichkeitsarbeit einiger Stadtratsfraktionen, die den Beschluss des Bettelverbots als „Erfolg für den Schutz des Kindeswohls“ deklarierten. Tatsächlich erfolge durch das Verbot lediglich eine Vertreibung aus dem Stadtbild, die Lebenslagen der Betroffenen blieben dadurch unverändert. Dorothée Marth berichtete von ihren Bemühungen innerhalb der SPD-Fraktion um eine alternative Lösung, mit denen sie allerdings keine Mehrheit in der Fraktion finden konnte. Auch Tina Siebeneicher kritisierte das plötzliche Ende der Debatte und wies Vorwürfe zurück, der Jugendhilfeausschuss habe sich nicht um das Kindeswohl bemüht, nur weil er ein pauschales Verbot des Kinderbettelns ablehne.

In der Informations- und Fragestunde informierte der stellvertretende Ausschussvorsitzende Jan Güldemann über ein mit der Verwaltung abgestimmtes Verfahren zur Besetzung der Stelle der / des Kinderbeauftragten. So werden zwei Mitglieder des Jugendhilfeausschusses an den Bewerbungsgesprächen teilnehmen, die dann ausgewählte Person wird sich später im Jugendhilfeausschuss vorstellen. Die Teilnahme an den Bewerbungsgeprächen ermögliche eine gute Beteiligung des Jugendhilfeausschusses am Auswahlverfahren. Der Ausschuss wählte Tina Siebeneicher (Vertreter: Marcel Duparré) und Carsten Schöne (Vertreterin: Juliana Schneider) zur Mitwirkung an den Gesprächen.
Carsten Schöne bat die Verwaltung in Vorbereitung der Beratung der 2018er Fördervorlage um Bereitstellung einer aktuellen Übersicht  zur Budgetauslastung sowie eine Aufstellung aller Oberschulen unter Berücksichtigung von Angeboten der Schulsozialarbeit.

Der Jugendhilfeausschuss beschloss nach umfangreicher Vorstellung durch die Suchtbeauftragte, Dr. Kristin Ferse, einen „Maßnahmenplan für Suchtprävention am Wiener Platz und weiteren Brennpunkten“. Der Plan sieht verschiedene präventive, repressive und unterstützende Maßnahmen vor, die einerseits dem Entstehen einer offenen Drogenszene entgegenwirken sollen und andererseits sollen unterschiedlichste präventive Angebote sowie Hilfs- und Beratungsangeboten Betroffenen zur Verfügung gestellt werden. U. a. sind bauliche Veränderungen am Wiener Platz vorgesehen, die die Aufenthaltsqualität für die Bürgerinnen und Bürger steigern soll. Ein Angebot aufsuchender Straßensozialarbeit sowie eine niedrigschwellige Anlaufstelle sollen Betroffenen und Interessierten Begleitung  und Hilfe anbieten. In seinem Beschluss empfahl der Jugendhilfeausschuss noch zwei kleinere redaktionelle Änderungen im Maßnahmenplan und stimmte der Vorlage einstimmig zu.

Der Ausschuss beriet einen Antrag von Ausschussmitgliedern zu ersten Schritten der Umsetzung des vom Forschungszentrum der EHS Dresden vorgelegten Konzeptes zur sozialräumlichen Umgestaltung der Dresdner Jugendhilfe. Mehrere Änderungsanträge hatten bereits im Unterausschuss Planung zu einer geänderten Fassung des Antrages geführt, der nach gestrigem Beschluss nun zur Erarbeitung einer Umsetzungsschrittfolge und zur Umsetzung erster geeigneter Maßnahmen auffordert. Die Beschlussfassung erfolgte einstimmig.

Eine zur abschließenden Beratung vorgesehene Vorlage der Verwaltung wurde von selbiger gestern zurückgezogen. Eine Begründung hierfür erfolgte nicht; so ist zu vermuten, dass die durch Änderungsanträge im Unterausschuss deutlich veränderte Vorlage nicht mehr den Vorstellungen der Verwaltung zu entsprechen scheint. Tilo Kießling kritisierte das Vorgehen der Verwaltung und kündigte an, den Gegenstand selbst als Antrag in den Jugendhilfeausschuss einzubringen. Die Vorlage sollte ein grundsätzliches Verfahren bei der Umsetzung von Interessenbekundungsverfahren zur Vergabe von neuen Angeboten an freie Träger der Jugendhilfe regeln. Bislang wurde bei jedem derartigen Vorgang individuell über die jeweiligen Schritte und Bewertungsgrundlagen verhandelt.

Die Beratung eines Antrages zur Sicherstellung des Kindeswohl bei Abschiebungen von Flüchtlingsfamilien wurde vertagt.

Die nächste planmäßige Sitzung des Jugendhilfeausschusses findet am 01.02.2018 statt.

Hinweis: Die Informationen zu Beschlüssen stehen unter dem Vorbehalt der Erlangung der Rechtskraft der Beschlüsse. Bei dieser Veröffentlichung handelt es sich um eine persönliche Wiedergabe der Ausschusssitzung, die durch meine Mitgliedschaft in diesem Gremium durchaus subjektive Betrachtungen enthalten kann und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Ich bitte um Verständnis.

Redaktion: Carsten Schöne