Blick von der Festung Königstein ins ElbtalErneut musste sich der Jugendhilfeausschuss am 06.02.2014 mit dem „E-Kita-System“ befassen, das von so vielen Problemen begleitet wird, dass die Stadtverwaltung nun einer Vertragsauflösung mit der beauftragten Firma auf den Weg brachte.

TOP 1: Informationen aus der „Informations- und Fragestunde“

Informationen zum „E-Kita-System“

Prof. Michael Breidung vom städtischen IT-Eigenbetrieb versuchte erneut die Probleme mit beschönigenden Darstellungen klein zu reden. Dies hatte er zuvor auch schon in einer Pressekonferenz versucht, in der er Auswirkungen auf die Eltern durch das fehlerbehaftete System ausschloss. In der Diskussion zum Thema stellte ich klar, dass die Eltern die Mängel des „E-Kita-Systems“ durchaus zu spüren bekommen, da sie beispielsweise ihren Anmeldungen nachgehen müssen, um herauszufinden, ob sie denn tatsächlich in der Wunscheinrichtung angekommen sind. Auf den erhöhten Aufwand bei freien Trägern durch das derzeit eingeschränkt laufende Anmeldesystem reagierte Breidung in einer fragwürdigen und respektlosen Art und Weise. Nach seiner Auffassung hätten die Träger doch auch schon vor Einführung des „E-Kita-Systems“ mit Anmeldeverfahren zu tun gehabt, so dass ein Mehraufwand nicht erkennbar sei. Jens Hoffsommer kritisierte diese Position und empfahl Breidung Zurückhaltung. Die Situation sei für alle Beteiligten schwierig genug, er wünsche sich vom IT-Eigenbetrieb eher eine aktive Kommunikation mit den Beteiligten, um das verloren gegangene Vertrauen in das Anmeldesystem zurück zu gewinnen.

Die beauftragte Firma wird das „Eltern-Portal“ und das „Kita-Portal“ fertigstellen, so dass neben der Anmeldung durch die Eltern künftig auch die Bearbeitung der Anmeldungen durch die Kindertageseinrichtungen online möglich sein wird. Ziel sei es, diese Komponenten bis Ende Februar 2014 fertigzustellen. Breidung bezifferte den Preis für diese Module mit etwa einem Drittel der ursprünglich veranschlagten Summe für den Gesamtauftrag. Die ursprünglich ebenfalls geplante Verwaltungssoftware gehört nicht mehr zum Leistungsumfang. Dies wiederum hat für freie Träger, die diese Software mitnutzen wollten, zur Folge, dass diese nun nach alternativen Lösungen suchen müssen. Die Stadt geht ferner einen Pflege- und Wartungsvertrag von zweieinhalb Jahren Dauer mit der Herstellerfirma für das Anmeldesystem ein. Anfragen zu möglichen Schadensersatzforderungen an die beauftragte Firma beantwortete der Eigenbetriebsleiter nur im nicht öffentlichen Teil der Jugendhilfeausschusssitzung.

Christoph Stolte bat die Verwaltung um Bereitstellung eines Schreibens zum Datenschutz, das die freien Träger zur Information an Eltern weiterreichen können.

Die Leiterin des Kita-Eigenbetriebes, Sabine Bibas, bat nochmals um die Einhaltung der 14tägigen Bearbeitungsfrist im Kita-Anmeldesystem durch die Einrichtungen. Werden die Anmeldungen innerhalb dieser Frist nicht bearbeitet, wird die Anmeldung der Eltern automatisch an die nächstfolgende Wunscheinrichtung weitergeleitet.

Informationen aus der Verwaltung des Jugendamtes

Martina Greif informierte den Jugendhilfeausschuss über den Eingang des Zuwendungsbescheides des Landes zur Jugendpauschale. Die Einnahmen belaufen sich auf 1,5 Millionen Euro und beinhalten somit eine Steigerung der Landeszuweisung durch die positive demografische Entwicklung in Dresden um rund 76.400 Euro.

Greif nahm weiterhin Stellung zu einer in der Jugendamtsinformation Nr. 1 veröffentlichten Position zum Umgang mit den Mustervereinbarungen zum „Schutzauftrag Kindeswohlgefährdung“. In dieser Veröffentlichung war von der Unveränderlichkeit der Vereinbarungen die Rede, was im Widerspruch zum Ansinnen einer Mustervereinbarung steht. Eine Mustervereinbarung soll demnach einen Rahmen bieten, der jedoch im Zuge von Verhandlungen zwischen Jugendamt und freien Trägern ausgestaltetet werden kann. Greif stellte eine schriftliche Korrektur der Position in Aussicht.

Für die von einigen Jugendhilfeausschussmitgliedern gewünschte Akteneinsicht zur Analyse der Prozesse um geschlossene Unterbringung in Heimen der „Haasenburg GmbH“ liegt inzwischen eine Stellungnahme des Dresdner Datenschutzbeauftragten vor (s. Info Nr. 1 des Jugendamtes). Es stehe den Ausschussmitgliedern nunmehr frei, einen Antrag auf Akteneinsicht zu stellen.

Eine Anfrage zur Vergütung der erbrachten Leistungen von so genannten „insofern erfahrenen Fachkräften“ wird von der Verwaltung schriftlich beantwortet. Hintergrund ist eine Praxis der Verwaltung, die eine Vergütung nur dann ermöglicht, wenn eine solche Fachkraft eines anderen Trägers in Anspruch genommen wird. Erfolgt die Einbeziehung einer Fachkraft zur Risikoeinschätzung innerhalb des eigenen Trägers, wurde diese Leistung bislang nicht vergütet. In der entsprechenden „Verfahrensfestlegung“ des Jugendamtes ist eine solche Vorgehensweise jedoch nicht vorgesehen.

Auf Anfrage von Anett Dahl informierte Martina Greif, dass der Konzeptentwicklungsprozess für die „Skatehalle Reick“ bis zum Ende des ersten Quartals vollzogen werden soll. Weiterhin stellte sie dar, dass der vom Jugendhilfeausschuss beschlossene Antrag an den Stadtrat zur Bereitstellung zusätzlicher Mittel für die Kinder-, Jugend- und Familienarbeit fertiggestellt wurde.

Jens Hoffsommer berichtete von Problemen in der Kooperation zwischen Kindertageseinrichtungen und Grundschulen und bat Stadtverwaltung und Bildungsagentur um Unterstützung. Nach Aussagen Hoffsommers hätten es neue Kitas schwer, entsprechende Kooperationsvereinabrungen mit den Grundschulen auf den Weg zu bringen, da die Schulen bereits mit den bestehenden Kitas kooperierten.

Informationen aus der Steuerungsgruppe zur Umsetzung des Teilfachplans:

Dr. Peter Kühn informierte zum aktuellen Stand der Prozesse zur Teilfachplanung in der Kinder-, Jugend- und Familienarbeit. So wurde das von Stadtjugendring und Kulturbüro erstellte Konzept zur Wirkungsradienanalyse im Fachkräfteportal des JugendInfoService veröffentlicht. Kühn berichtete von einem zweitägigen Workshop für Steuergruppe, Verwaltungsmitarbeiter/-innen und Moderator/-innen zur Umsetzung und Ausgestaltung der Planungskonferenzen. Im Workshop ging es laut Kühn vor allem um Klärung individueller Rollenverständnisse der am Verfahren Betiligten und den Ablauf der Planungskonferenzen. Die Einladungen zu Planungskonferenzen und Informationsveranstaltungen gehen in den nächsten Tagen bei den Trägern ein. Den Bericht Nr. 5 der Steuerungsgruppe gibt es hier.

TOP 3 Fachthema: Auslastung des Kinder- und Jugendnotdienstes Dresden

Der amtierende Leiter der Abteilung „Besondere Soziale Dienste“ des Jugendamtes stellte in einem sehr aufschlussreichen Vortrag die Arbeit des Kinder- und Jugendnotdienstes (KJND) unter besonderer Betrachtung der Auslastungsquoten vor. Insgesamt gibt es über die Jahre eine relativ konstante Inobhutnahmequote von etwa 0,6 Prozent der unter 18jährigen. Gleichzeitig ist jedoch die durchschnittliche Verweildauer in der Inobhutnahme gestiegen. Etwa ein Drittel der Kinder und Jugendlichen verbleibt zwischen 8 Tagen und 6 Monaten im KJND oder alternativen Inobhutnahmeeinrichtungen. Hierzu zählen die Familiäre Bereitschaftsbetreuung (FBB) und die anonyme Mädchenzuflucht. Die Auslastungsquoten in den genannten Diensten sind sehr hoch und übersteigen im Bereich der FBB mit 110 Prozent Auslastung die zur Verfügung stehenden Kapazitäten deutlich, es gibt eine zeitweise Überbelegung in diesem Bereich. Große Probleme bereiten nach Aussagen des Jugendamtes Jugendliche, die sich mit verbaler und körperlicher Gewalt gegen die Inobhutnahmemaßnahmen wehren. Alternative Betreuungsangebote für solche Jugendliche stehen derzeit nicht zur Verfügung.

Konzept und Rahmenbedingungen der Inobhutnahme in Dresden sollen auch im Rahmen der derzeit laufenden Bedarfsplanung für den Leistungsbereich „Hilfen zur Erziehung“ überarbeitet werden. Ziel sei es, die Inobhutnahme im KJND auf 10 Tage Dauer zur reduzieren.

TOP 5 Etablierung einer Kinderschutzambulanz

Auf Antrag der FDP-Fraktion soll in Dresden eine Kinderschutzambulanz eingerichtet werden. Der ursprüngliche Antrag wurde inzwischen angepasst und hat nunmehr einen Prüfauftrag für die Stadtverwaltung zum Inhalt, der herausfinden soll ob eine „Anlauf- und Koordinierungsstelle für den medizinischen Bereich“ eingerichtet werden soll. Dabei sind konzeptionelle, finanzielle und organisatorische Rahmenbedingungen zu beleuchten. Diesem geänderten Vorschlag folgte der Jugendhilfeausschuss mehrheitlich.

Die Tagesordnungspunkte 4, 6 und 7 wurden vertagt, da die Vorlagen in den Unterausschüssen noch nicht abschließend beraten werden konnten.

Ein weiterer Tagesordnungspunkt zur Besetzung der Stelle der Abteilungsleitung „Besondere soziale Dienste“ im Jugendamt fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Eine im Rahmen des Bewerbungsverfahren ausgewählte Bewerberin stellte sich dem Jugendhilfeausschuss vor.

Die nächste Sitzung des Jugendhilfeausschusses findet am 13.03.2014 abweichend von der bisherigen Praxis im Kulturrathaus (Königstraße) statt.

Hinweis: Die Informationen zu Beschlüssen stehen unter dem Vorbehalt der Erlangung der Rechtskraft der Beschlüsse. Bei dieser Veröffentlichung handelt es sich um eine persönliche Wiedergabe der Ausschusssitzung, die durch meine Mitgliedschaft in diesem Gremium durchaus subjektive Betrachtungen enthalten kann und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Ich bitte um Verständnis.

 Redaktion: Carsten Schöne

 

Die Tagesordnung der 51. Sitzung am 06.02.2014im Überblick:

  1. Kontrolle der Niederschrift vom 28. November 2013
  2. Informationen/Fragestunde
    – Stand Steuerungsgruppe
  3. Fachthema: Auslastung des Kinder- und Jugendnotdienstes
  4. Satzung der Landeshauptstadt Dresden über die Erhebung von Elternbeiträgen (Elternbeitragssatzung)
  5. Etablierung einer Kinderschutzambulanz im Rahmen des Netzwerkes Kinderschutz und Frühe Hilfen in Dresden
  6. Entfristung der nicht zweckgebundenen Bundesmittel im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepaketes
  7. Situation für Hortbetreuung an der 39. Grundschule verbessern
  8. Berichte aus den Unterausschüssen
  9. Besetzung einer Stelle im Jugendamt (nicht öffentlich)
  10. Informationen (nicht öffentlich)

Mein auführlicher Rückblick auf die Jugendhilfeausschusssitzung und die Ergebnisse veröffentliche am 07.02.2014 an dieser Stelle.

Carsten Schöne