In der Sitzung des Dresdner Jugendhilfeausschusses hat das Jugendamt umfassende Informationen zur Unterbringung und Betreuung von Geflüchteten aus der Ukraine gegeben. Wie die kommissarische Jugendamtsleiterin Sylvia Lemm darlegte, stehe einer großen Bereitschaft zur Unterstützung der Dresdner Jugendhilfe ein enormer struktureller und rechtlicher Klärungsbedarf gegenüber.
So seien viele Detailfragen, etwa zur möglichen temporären Kapazitätsüberschreitung in Einrichtungen der Erziehungshilfen und somit die Abweichung von Betriebserlaubnissen noch zu klären. Auch die Frage nach vorübergehender Absenkung von Fachstandards soll in einem vom Sozialministerium angekündigten Erlass geklärt werden. Grundsätzlich seien die zur Verfügung stehenden Kapazitäten gut ausgelastet, so dass nur mit einer Überschreitung von voraussichtlich bis zu 20 Prozent entsprechende Betreuungsmöglichkeiten geschaffen werden könnten. Auf Anfrage Tina Siebeneichers zur Aufnahme größerer Gruppen aus ukrainischen Kinderheimen verwies Sylvia Lemm auf bislang fehlende Objekte, die hierfür geeignet wären. Man sei jedoch im Gespräch mit Hotel- und Herbergsbetreibern. Es bedarf in jedem Fall einer Klärung des jeweiligen Status der Kinder, reisen sie als Gruppe mit ihren Erzieher*innen ein, so gelten sie nicht als unbegleitete Minderjährige, da die Fachkräfte nach ukrainischem Recht häufig die Vormundschaft inne haben. Bislang sind nur wenige unbegleitete Minderjährige in Dresden zu verzeichnen, die im Kinder- und Jugendnotdienst untergebracht wurden.
Das Jugendamt wird auf einer eigens eingerichteten Seite im Fachkräfteportal über das weitere Vorgehen und die Rahmenbedingungen informieren. Das Amt bittet darum, alle Kontaktaufnahmen zur Thematik per E-Mail an die zentrale Adresse verwaltungsstab-jugendamt@dresden.de zu richten.
Das Amt für Kindertagesbetreuung informiert alle freien Träger fortlaufend per E-Mail zur Aufnahme ukrainischer Kinder in Kindertageseinrichtungen, eine erste Übersicht zu den Fragestellungen wurde am 09.03.2022 an alle Träger versandt.
In der Informations- und Fragestunde informierte die Verwaltung zu bevorstehenden Workshops, die sich mit der kommunalen Umsetzung der Neuregelungen aus dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (Novelle des SGB VIII) befassen werden. In thematisch sortierten Workshops will die Verwaltung mit den freien Trägern die konkrete Umsetzung der Neuregelungen diskutieren. Die sieben Workshops finden zwischen dem 30.05. und 13.07.2022 statt, Einladungen werden rechtzeitig versandt.
Carsten Schöne bat um Auskunft zur Personalsituation im Kinder- und Jugendnotdienst, der sich auch weiterhin der Unterstützung von Fachkräften aus anderen Bereichen des Jugendamtes bedienen muss. Sylvia Lemm bestätigte die vorübergehende Schließung kommunaler Familienberatungsstellen zu Gunsten der personellen Absicherung des Kinder- und Jugendnotdienstes, Beratungssuchende seien in dieser Zeit an die Beratungsstellen der freien Träger verwiesen worden. Insgesamt sei zu konstatieren, dass die Inobhutnahmeeinrichtung der Stadt auch weiterhin von Personalfluktuation geprägt sei, was vor allem auf die herausfordernde Arbeit im Schichtbetrieb zurückzuführen sei.
Mit einem Vortrag von Prof. Dr. Veit Rößner vom Universitätsklinikum sollten die Schnittstellen zwischen Jugendhilfe und Kinder- und Jugendpsychiatrie dargestellt werden, was leider nur bedingt gelang, denn im Fokus des Vortrages stand eher die Tätigkeit der Klinik. Zur Zusammenarbeit zwischen beiden Systemen, die sehr unterschiedlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen unterliegen, war indes wenig zu vernehmen, dies beschränkte sich im Grunde auf die „Dysfunktionalität der Schnittstellen“. Auch die Antwort Rößners auf die Nachfrage von Matthias Dietze, was sich die Kinder- und Jugendpsychiatrie konkret von der Jugendhilfe wünsche, verweilte in Allgemeinheit, lediglich der Ruf nach einem gemeinsamen Fachteam und verbesserter Ressourcenausstattung war zu vernehmen. Carsten Schöne verwies auf die Notwendigkeit einer grundhaften Verständigung zwischen Jugendhilfe und Psychiatrie, die auch eine Auflösung bestehender fachlicher Ressentiments zwischen beiden Bereichen im Interesse der Kinder und Jugendlichen bewirken könnte. In der kommunalen „Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft“ der Stadt Dresden sei ein geeigneter Ort für einen solchen Austausch, was jedoch die kontinuierliche Mitwirkung von Jugendamt und Klinik voraussetzt.
Der Jugendhilfeausschuss stimmte mehrheitlich einem interfraktionellen Antrag zu, der die queeren Bildungsangebote des Gerede e. V. sichern soll. Für die bislang aus dem Landesaktionsplan „Vielfalt“ finanzierten Bildungsangebote für junge Menschen und Fachkräfte hat der Freistaat in diesem Jahr wegen „Überzeichnung des Förderbudgets“ keine weitere Förderung bewilligt. Der Beschlussantrag sieht vor, die rund 45.000 Euro für das laufende Jahr ersatzweise nunmehr aus dem Budget der Gleichstellungsbeauftragten oder einem anderen geeigneten Etat bereitzustellen.
In erster Lesung wurde ein Antrag zu einer „Rahmenkooperationsvereinbarung“ zwischen Stadt und freien Trägern zur gemeinsamen Nutzung eines neuen Portals für die Anmeldung und Verwaltung von Betreuungsplätzen in Kindertageseinrichtungen eingebracht. Marco Fiedler vom Kita-Amt erläuterte die Hintergründe und berichtete von derzeit stattfindenden Informationsveranstaltungen zur Einführung des neuen „E-Kita“ – Portals sowie zu den Inhalten der Kooperationsvereinbarung. Nach der Beratung im Unterausschuss Kita und weiteren Gremien ist eine Beschlussfassung im Jugendhilfeausschuss am 31.03.2022 vorgesehen.
Der Antrag der CDU-Fraktion zu „bedarfsgerechten Öffnungszeiten“ wurde auf Antrag Matthias Dietzes erneut in die Unterausschüsse zurück überwiesen. Anlass ist ein vorliegender Ersetzungsantrag von Mitgliedern des Ausschusses, der nach dem umfangreichen Diskussionsprozess nicht akzeptabel sei und eine weitere Debatte erfordere, so Dietze.
Die nächste reguläre Sitzung des Jugendhilfeausschusses findet am 31.03.2022 statt.
Hinweis: Die Informationen zu Beschlüssen stehen unter dem Vorbehalt der Erlangung der Rechtskraft der Beschlüsse. Bei dieser Veröffentlichung handelt es sich um eine persönliche Wiedergabe der Ausschusssitzung, die durch meine Mitgliedschaft in diesem Gremium durchaus subjektive Betrachtungen enthalten kann und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Ich bitte um Verständnis.
Redaktion: Carsten Schöne
Die Tagesordnung im Überblick:
- Kontrolle der Niederschrift vom 10. Januar 2022
- Informationen/Fragestunde
- Kinder- und Jugendhilfe an der Schnittstelle zur Psychiatrie
- Bedarfsgerechte Öffnungszeiten der Jugendhäuser A0183/21
- Rahmen-Kooperationsvereinbarung über die gemeinsame Nutzung der webbasierten Software „Kita-Planer 2“ der Firma netgo GmbH mit den Trägern von Kindertageseinrichtungen in der Landeshauptstadt Dresden (A0311/22, 1. Lesung)
- Ersatzweise Förderung der queeren Bildungsarbeit in Schulen in der Landeshauptstadt Dresden gemäß dem Landesaktionsplan Vielfalt (A0334/22)
- Berichte aus den Unterausschüssen
- Informationen (nicht öffentlich)
Die Dokumente zu den Sitzungen sind im Ratsinfosystem der Stadt Dresden zu finden.