Der Jugendhilfeausschuss hat in seiner gestrigen Sitzung eine temporäre Aufstockung der Sachkosten im Bereich der Schulsozialarbeit beschlossen. Die Sachkosten sollen schwerpunktmäßig für Digitalisierungsmaßnahmen und Projekte der Medienbildung genutzt werden. Bis Ende 2022 stehen 1600 Euro  je geförderter Vollzeitkraft zur Verfügung. Die zusätzlichen Mittel kommen aus dem Bundesprogramm „Aufholen nach Corona“ und sollen pandemiebedingte Defizite im Bereich der schulischen Bildung ausgleichen.

Der Jugendhilfeausschuss stoppte zunächst ein vom Jugendamt entwickeltes Modellprojekt zur Einführung eines „flexiblen Stundenpools für temporäre Einzelbegleitungen“ im Bereich der offenen Kinder-, Jugend- und Familienarbeit. Der Jugendhilfeausschuss war in die Erarbeitung des Projektes nicht einbezogen, einige Mitglieder sehen einen Anpassungsbedarf bei der praktischen Umsetzung des Vorhabens, so dass die vom Jugendamt geplante Umsetzung ab 01.10.2021 zunächst nicht möglich ist. Nach Beratungen in den Unterausschüssen will der Jugendhilfeausschuss das Projekt am 04.11.2021 per Beschluss auf den Weg bringen.  

In der Informations- und Fragestunde berichtete Kevin Görden, dass das Jugendamt mittels Werksverträgen Studierende im Kinder- und Jugendnotdienst beschäftigt. Dies dient einerseits der Gewinnung von Fachkräftenachwuchs, andererseits aber auch dem Ausgleich von Personaldefiziten in der Inobhutnahmeeinrichtung.
Auf Nachfrage von Carsten Schöne bestätigte Kevin Görden die erneute Abordnung von Fachkräften aus dem Jugendberatungscenter zur Unterstützung der Kontaktnachverfolgung im Gesundheitsamt. Mit Blick auf einen großen Beratungsbedarf, der auch vom Chef der Dresdner Arbeitsagentur, Jan Pratzka, bestätigt wurde, sei der Abzug der Fachkräfte kritisch. Pratzka berichtete von einer neuen Kooperation von Arbeitsagentur, Jobcenter und Kammern zur Berufsberatung, in der das Jugendamt nicht fehlen dürfe. Die Jugendarbeitslosigkeit habe sich trotz Pandemie positiv entwickeln können, im Vergleich zum Vorjahr ist ein Rückgang um 23 Prozent zu konstatieren.
Tina Siebeneicher bat die Verwaltung um eine Auswertung des Corona-Sommerprogramms in einer der nächsten Ausschusssitzungen. Dorothée Marth informierte zu einem von ihr eingereichten Antrag, der sich mit der Weiterentwicklung des Kinder- und Familienhauses „Mareicke“ zu einem sozialräumlich vernetzten Angebot für Familien in Reick befasst. Über einen weiteren Antrag zur Neuregelung der Finanzierung von ambulanten Maßnahmen der Jugendgerichtshilfe informierte Carsten Schöne. Beide Anträge sollen bereits in der nächsten Ausschusssitzung am 04.11.2021 zur Beschlussfassung kommen.

Der Jugendhilfeausschuss gab einem Antrag der Fraktion Die Linke zur kommunalen Aufstockung der Leistungen des so genannten „Bildungs- und Teilhabepaketes“ mehrheitlich seine Zustimmung. Der Antrag sieht vor allem eine bessere Information über die Leistungen vor, Anspruchsberechtigte sollen in allen Bereichen aktive auf die Nutzung des Paketes hingewiesen werden. So zum Beispiel bei Veranstaltungen geförderter Träger, die Kostenbeiträge für ihre Angebote erheben. Außerdem soll eine kommunale Satzung erarbeitet werden, die eine Aufstockung des Teilhabezuschusses von derzeit 15 auf künftig 25 Euro vorsieht. Die abschließende Entscheidung hat der Stadtrat zu treffen.

In erster Lesung wurde von der Verwaltung ein Papier eingebracht, das „Definition und Ziele der Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe in Dresden nach den Prinzipien der Sozialraumorientierung“ enthält. Der Jugendhilfeausschuss hatte in einem früheren Beschluss die Erarbeitung einer Definition für ein gemeinsames Verständnis sozialräumlichen Agierens in Auftrag gegeben, die nunmehr vorliegt. Ebenfalls in erster Lesung stellte Bürgermeister Jan Donhauser eine Neufassung der Jugendamtssatzung vor, die einige strukturelle Änderungen vorsieht. Tilo Kießling bezweifelt die Notwendigkeit einer Satzungsänderung und kritisierte, dass der Oberbürgermeister die aktuell gültige Satzung seit ihrem Inkrafttreten nicht vollständig umgesetzt hat. So sollte das derzeitige Amt für Kinder, Jugend und Familien eine übergeordnete Leitung erhalten, zu einer Besetzung dieser Stelle ist es nie gekommen. Carsten Schöne beantragte die Überweisung der Vorlage in den Unterausschuss Kita, da sowohl das Amt für Kindertagesbetreuung wie auch der Eigenbetrieb Kindertageseinrichtungen von der Satzungsänderung betroffen sind. Gleichzeitig bat er für die Beratungen in den Unterausschüssen um Informationen zur künftigen Einbindung des Eigenbetriebes in die Jugendhilfestruktur, dies sei in der gegenwärtigen Fassung der Beschlussvorlage nicht eindeutig erkennbar.

Der Antrag der „Dissidenten-Fraktion“ für ein Modellprojekt zum legalen Cannabis-Konsum wurde vertagt, die Antragsteller beabsichtigen nach der kürzlichen Beratung im Unterausschuss Planung eine Anpassung des Antrages.

Dem Jugendhilfeausschuss wurde außerdem der 16. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung vorgestellt. Prof. Dr. Anja Besand von der TU Dresden stellte die Entstehung und Ziele der Jugendberichtserstattung dar. Die aktuelle Fassung untersucht Ziele, Formen und Angebote der demokratischen Bildung bzw. der politischen Jugendbildung. Dabei wurden insbesondere die „Bildungsräume“ analysiert, zu denen neben Familie und Kindertagesstätte u. a. auch Jugendtreffs, Schulen oder soziale Medien gehören. Der Bericht legt die Entwicklung offener und vor allem  ehrlicher politischer Jugendbildungsangebote nahe, die ergebnisoffen und beteiligungsorientiert gestaltet werden müssen. Besand warnte insbesondere vor Scheinbeteiligung, wie sie häufig in so genannten Jugendparlamenten praktiziert wird, denen zwar die Möglichkeit zur Diskussion gegeben werde, die man jedoch nicht mit Entscheidungskompetenzen ausstattet. Die Vorstellung des Berichtes selbst blieb konkrete Empfehlungen für Dresden schuldig, allerdings wurde in der Diskussion auf bestehende Aufträge aus den Planungskonferenzen zur Entwicklung von Angeboten politischer Jugendbildung und zur Förderung des Demokratieverständnisses hingewiesen. Die Verwaltung wurde aufgefordert, Ableitungen aus dem Jugendbericht für die Dresdner Jugendhilfe zu treffen und Impulse für eine praktische Umsetzung zu geben.

Die nächste Sitzung des Jugendhilfeausschusses findet am 04.11.2021 statt.

Hinweis: Die Informationen zu Beschlüssen stehen unter dem Vorbehalt der Erlangung der Rechtskraft der Beschlüsse. Bei dieser Veröffentlichung handelt es sich um eine persönliche Wiedergabe der Ausschusssitzung, die durch meine Mitgliedschaft in diesem Gremium durchaus subjektive Betrachtungen enthalten kann und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Ich bitte um Verständnis.

Redaktion: Carsten Schöne


Die Tagesordnung im Überblick:

  1. Kontrolle der Niederschriften vom 17. Juni 2021 und 8. Juli 2021
  2. Informationen/Fragestunde
  3. Vorstellung des 16. Kinder- und Jugendberichtes
  4. Definition und Ziele der Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe in Dresden nach den Prinzipien der Sozialraumorientierung V1007/21 – 1. Lesung
  5. Änderung der Satzung der Landeshauptstadt Dresden für das Jugendamt (Jugendamtssatzung) vom 16. Oktober 2014 sowie der Satzung des Eigenbetriebes Kindertageseinrichtungen Dresden vom 18. Januar 2001 V1099/21 1. Lesung
  6. Modellprojekt zur legalen Abgabe von Cannabis A0234/21
  7. Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben verbessern A0251/21
  8. Berichte aus den Unterausschüssen
  9. Informationen (nicht öffentlich)

Die Dokumente zu den Sitzungen sind im Ratsinfosystem der Stadt Dresden zu finden.