Blog von Carsten Schöne
Die mit großem Interesse erwartete Novelle des Sozialgesetzbuches VIII – Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) scheint auch in absehbarer Zeit nicht vom zuständigen Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) vorgelegt zu werden. Continue Reading
Zur Shell-Jugendstudie 2015
Im Oktober erschien die 17. „Shell-Jugendstudie“, die erneut Haltungen, Wertorientierungen, Freizeitverhalten und Zukunftsperspektiven junger Menschen erfragte. Das Mineralölunternehmen beauftragte unabhängige Forschungseinrichtungen mit der Erstellung der Studie, der bundesweite Befragungen von reichlich 2.500 jungen Menschen zwischen 12 und 25 Jahren zu Grunde liegen. Continue Reading
Eine Befragung, die Fragen hinterlässt…
Gegenwärtig führt die Empirica AG im Rahmen der Erstellung des Jugendberichtes eine Onlinebefragung durch, die sich einerseits an junge Menschen und andererseits an Fachkräfte in der Jugendarbeit richtet.
Für eine wissenschaftliche Untersuchung der Lebenslagen junger Menschen sind Befragungen ohne Zweifel ein probates Mittel. Allerdings sollten die Befragungen auch so gestaltet sein, dass die Anonymität der Befragten sichergestellt ist. Diese Anforderung erfüllen beide Fragebögen nicht, da mehrere Antwortoptionen konkrete Hinweise auf Personen, Einrichtungen und Vereine liefern. Insbesondere im ländlichen Raum mit eher geringer Dichte an Jugendfreizeitangeboten dürfte die Abfrage von Wohnort und ggf. genutzter Jugendeinrichtungen eindeutige Hinweise liefern. Dies setzt sich später fort, wenn Jugendliche nach ihrem politischen Interesse und Engagement bzw. nach der Zugehörigkeit zu bestimmten Szenen gefragt werden. Befragungen sollten ferner so gestaltet sein, dass sowohl die Fragestellung wie auch die vorgegebenen Antwortoptionen wertneutral formuliert sind. Dieser Grundsatz wird durch Empirica in den Fragebögen mehrfach verletzt.
Auch hinsichtlich der Auswertbarkeit bzw. der Interpretation erhobener Daten eröffnen sich so manche Fragen. Neben der Tatsache, dass in den Fragebögen auch nicht alle zur Jugendarbeit zugehörigen Arbeitsfelder abgebildet werden, ist das fachliche Niveau der Fragestellungen als mangelhaft zu beurteilen. So erkundigt man sich nach den Gründen, warum ein/e Jugendliche/r keinen Jugendtreff besucht. Eine der Antwortoptionen lautet: “Im Jugendclub / Jugendzentrum gibt es Ansprechpersonen, die mir unsympathisch sind”. Welche Empfehlung will der Landtag in Auswertung des Berichtes an die Jugendhilfe richten, wenn diese Antwortoption mit einer größeren Häufigkeit gewählt wird? Den Fachkräftestandard um das Merkmal “sympathische Ausstrahlung” ergänzen?
Insgesamt lassen die Fragestellungen eine gewisse Verwandtschaft zur im Herbst im Auftrag der sächsischen Staatsregierung durchgeführten Studie „Lebensziele junger Menschen in Sachsen“ erkennen, die nicht wirklich nach den Lebenslagen junger Menschen im Freistaat fragte, sondern eher nach einer Bestätigung der liberal-konservativen Regierungsarbeit suchte. Vergleichbare Fragestellungen finden sich auch in der aktuellen Befragung, so dass der Grundsatz der Wertneutralität einer solchen Befragung als verletzt zu betrachten ist. Dies wird u. a. in einer Fragestellung an die Fachkräfte deutlich, die sich danach erkundigt, wie die Jugendarbeit in Sachsen auch ohne zusätzliches Personal und Geld weiterentwickeln könnte. Dahinter lässt sich durchaus die seit Jahren zu beobachtende „Deprofessionalisierungstendenz“ vermuten, die durch den Einsatz Ehrenamtlicher professionelle Angebote ablösen soll. Im Zusammenhang mit der Abfrage sozialdemografischer Daten und (jugend)politischer Einstellungen der Fachkräfte lassen sich dann konkrete Bezüge zu den Einrichtungen und Trägern im Freistaat herstellen. Die zugesicherte Einhaltung der Datenschutzbedingungen erscheint vor diesem Hintergrund eher als Floskel, denn als vertrauensbildendes Versprechen. Dies wird nicht zuletzt für ablehnende Haltungen zur Mitwirkung an der Befragung führen, was letztlich verhindert, tatsächlich für einen repräsentativen Blick auf die Lage der Jugendhilfe in Sachsen zu sorgen.
Julia Kemper von Empirica erklärte auf Anfrage unserer Redaktion, dass die Staatsregierung für die Fragebögen keinerlei Vorgaben erlassen hatte, die Befragungen allerdings mit dem Sozialministerium und dem Begleitbeirat abgestimmt wurden. Kemper erläuterte ferner, dass die Ergebnisse aus den Befragungen direkt in den Jugendbericht einfließen sollen, der seinerseits „Handlungsempfehlungen für die Weiterentwicklung der Jugendhilfe in Sachsen“ liefern soll.
Empirica versucht Jugendliche mit der Verlosung nicht näher beschriebener „Workshops“ für eine Teilnahme zu gewinnen. Hierfür müssen wiederum persönliche Daten eingegeben werden, womit –mit Blick auf die technischen Möglichkeiten eines Online-Fragebogens – weitere Rückschlüsse auf die teilnehmenden Personen möglich wären. Unabhängig davon, dass ein nicht mal ansatzweise erläuterter „Workshop“ Jugendliche nicht unbedingt zur Mitwirkung motiviert, würde eine kontinuierliche und allerorten gelebte Beteiligungskultur in Sachsen derartige Motivationsgeschenke überflüssig machen.
Die Fragebögen finden sich unter: www.jugendbefragung-sachsen.de bzw. www.jugendbefragung-sachsen.de/mitarbeiter.
Carsten Schöne
Veröffentlicht in CORAX – Magazin für Kinder- und Jugendarbeit in Sachsen 6-2012
Als Kristina Schröder 2009 von der Bundeskanzlerin auf den Chefsessel im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gehievt wurde, war sie thematisch im eigenen Lebenslauf angekommen. Die Jugend hatte die damals 32jährige Soziologin und promovierte Politikwissenschaftlerin bereits hinter sich, eine Frau war sie selbst, Familiengründung stand noch auf der persönlichen Agenda und Senioren kannte sie aus der Nachbarschaft. Continue Reading
Der CORAX – das Magazin der Kinder- und Jugendhilfe in Sachsenbefasst sich in der aktuellen Ausgabe mit “Jugendarbeit im ländlichen Raum”.
Auszug aus dem Editorial: Unsere Gesellschaft wird nicht nur insgesamt weniger und älter. Im nicht-metropolitanen Raum außerhalb der Ballungszentren verändert sich die Zusammensetzung der Gesellschaft besonders signifikant: der Jugendüberschuss bei den Alterskohorten von 20 bis 35 Jahren von Dresden-Leipzig-Chemnitz gegenüber den anderen Räumen Sachsens beträgt volle 50 Prozent. Das heißt im Umkehrschluss jedoch auch: Es gibt sie (noch), die jungen Menschen auf dem Land. Die Problematiken der Jugendarbeit im ländlichen Raum sind oft und zunehmend thematisiert worden – auch wir vom CORAX haben uns dessen bereits mehrfach angenommen. Die strukturellen Probleme und die daraus resultierenden Herausforderungen sind jedoch kein ureigens sächsisches Phänomen und so kam es, dass wir uns ein bisschen umgeschaut haben in der weiteren Nachbarschaft und sind dabei auf ein interessantes Projekt in der Schweiz gestoßen. Dort ist, wir Deutschen wissen das, sehr sehr vieles völlig anders geregelt – angefangen bei den fehlenden internationalen Bündnisverpflichtungen bis hin zu den fiskalpolitischen Lösungen für die Schweizer Bürgerinnen und Bürger. Doch auch in der Schweiz – und vielleicht gerade dort – gibt es sehr viele junge Menschen, die in ländlichen oder suburbanen Räumen aufwachsen. Wir baten daher Schweizer Kolleginnen und Kollegen um eine dezidierte Darstellung ihrer Herangehensweise, von der Planung über die Bedarfseruierung bis hin zur Durchführung bei dem Vorhaben der Etablierung eines gemeinschaftlichen Angebotes mehrerer Gemeinden für eine Offene Jugendarbeit im Kanton Aargau (S. 29 ff.).
Wie fast in jedem Jahr liegt auch diesmal ein recht ereignisreicher Herbst für die Jugendhilfe Sachsens hinter uns und so nimmt die Berichterstattung über viele wichtige Ereignisse der letzten Wochen einen großen Platz im vorliegenden Heft ein.
Auszug aus dem Inhaltsverzeichnis:
Das aktuelle Heft kann als Probenummer oder Einzelexemplar bestellt werden beim Herausgeber “Arbeitsgemeinschaft Jugendfreizeitstätten Sachsen e. V. (AGJF)”, Neefestraße 82, 09119, E-Mail: redaktion@corax-magazin.de